Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

2. Die Kondition: ein neues Hausgesetz? Am 6. Dezember 1993 wurde im Landesgesetzblatt (LGBl. 1993/100) ein «Hausgesetz des Fürstlichen Hauses Liechtenstein» veröffentlicht. Das Gesetzblatt trägt die Unterschriften des Fürsten und des gegen- zeichnenden Regierungschefs Markus Büchel. Daraufhin gelangten Ab - ge ordnete mit einer Interpellation an die Regierung. Aus den Stellung - nah men zur Interpellationsbeantwortung im Landtag ist auf dessen grossmehrheitliche Auffassung zu schliessen, dass das «Hausgesetz» zur Gültigkeit der Zustimmung des Landtages bedurft hätte – so wie die Hausgesetze schon seit der Verfassung 1862 vom Landtag genehmigt wurden.60Das stimmt mit der herrschenden Lehre überein, nach welcher der veröffentlichte Text nichtig ist.61Der Text enthält u.a. auch Regelun - gen wie (Art. 18 Abs. 2): «Die Verfassung des Fürstentums Liechtenstein kann das Hausgesetz weder verändern noch aufheben. Dasselbe gilt für die vom Fürstentum Liechtenstein abgeschlossenen zwischenstaatlichen Verträge. In diese ist, soweit erforderlich, ein entsprechender Vorbehalt aufzunehmen.» Die Diskussion wurde nicht fortgesetzt. Der zur Normenkontrolle (auch betreffend gültiges Zustandekommen) in Art. 104 Abs. 2 oder zur Ver fassungsauslegung (Art. 112) zuständige Staatsgerichtshof wurde nicht angerufen. Vielmehr erhob der Fürst seine Position in der darauf- folgenden Thronrede vor dem Landtag vom 15. März 1996 zur Kondi - tion:«Volk und Volksvertreter müssen aber berücksichtigen, dass Fürst und Fürstenhaus keine Befehlsempfänger des Volkes oder der Volks ver - tre ter sind. Das Fürstenhaus stellt das Staatsoberhaupt in diesem Staat unter gewissen Bedingungen. Dazu gehört, dass Autonomie und Haus - ge setz des Fürstenhauses respektiert werden.»62 Debatte geschlossen. Wie geht ein Verfassungsrichter damit um auf dem Hintergrund des Berufverbotes? Nimmt er überdies in Kauf, dass bei der Auslegung der Ver fassung oder der Normenkontrolle betreffend das «Hausgesetz» je nach Gerichtsurteil das Fürstenhaus den Fürsten nicht mehr stellt? Unter solcher Einflussnahme des Fürsten und entsprechender Stim - 130Gerard 
Batliner 60Landtagsprotokoll vom 31.10.1995, S. 1638–1650. 61Zuletzt Kley (Anm. 1), S. 41 ff. m. Nachw. 62Landtagsprotokoll vom 15.3.1996, S. 2 ff. (3).
	        

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