Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

fassung zugeordnet. Er erkannte nun aber, dass sich Gleichheitssatz und Willkürverbot zwar überschneiden, offensichtlich aber auch je eigen - ständige Schutzgehalte aufweisen. Es heisst nunmehr unter den Leit - sätzen23: «Während das schweizerische Bundesgericht ungeschriebene Grund rechte in einer jahrzehntelangen Rechtsprechung anerkennt, hat sich der Staatsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein in An - lehnung an die österreichische Rechtsprechung für die Ge schlos - sen heit der Ver fas sung und somit gegen die Anerkennung unge- schriebener Grund rechte ausgesprochen. Nachdem inzwischen auch in Österreich die Kon zep tion der Geschlossenheit des Rechts - quel lensystems zunehmend in Frage gestellt wird, erscheint es nun- mehr angebracht, dass der Staats ge richts hof für den Einzelnen fun- damentale, im Verfassungstext nicht erwähnte Rechtsschutz be dürf - nisse direkt als ungeschriebene Grund rechte anerkennt, anstatt sie aus thematisch mehr oder weniger verwandten positiv normierten Grundrechten abzuleiten. Vor dem Hin ter grund dieser Erwägung ist es gerechtfertigt, dem Willkürverbot den Status eines solchen un- geschriebenen Grundrechts zuzuerkennen.» Bei der Durchsicht der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes lassen sich allerdings keine besonders spektakulären, griffigen Willkürfälle fin- den.24So rügte zwar der Staatsgerichtshof im (in der Öffentlichkeit emo- tional diskutierten) Theater-am-Kirchplatz-Fall25die Auffassung der Vorinstanz, da sie willkürlich und unhaltbar sei, stillschweigend über zentrale Fakten hinweggegangen sei und im Ergebnis krass der eigenen Argumentationsbasis widerspreche; doch beeilte sich der Gerichtshof hinzuzufügen, die Qualifizierung einer Gerichtsentscheidung durch den Staatsgerichtshof als willkürlich bedeute noch nicht, «dass er damit ge- 103 
Recht, Gericht, Gerechtigkeit 23Urteil vom 22. Februar 1999, StGH 1998/45, LES 1/2000, S. 1. 24Abgesehen vom erwähnten «leading case» (es ging hier um die aktive Klagelegitimation einer ausländischen Konkursmasse in einem Inlandprozess) könnten aus der Praxis des Staatsgerichtshofes etwa genannt werden: Urteil StGH 1996/23 (Korrektur einer klaren Aktenwidrigkeit und Hinweis auf den objektiven Charakter des Willkürverbots), Urteil StGH 1998/35 (dass sich ein Teil der liechtensteinischen Treuhänder für ihre Tätigkeit keiner juristischen Person bedienen durften, wurde vom Staatsgerichtshof als reine Schikane des Gesetzgebers angesehen) oder der «Theater-am-Kirchplatz-Fall», Urteil StGH 1998/44, Jus & News 1999/1, S. 28 ff. 25A.a.O., (Anm. 24).
	        

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