GÜNTER MAHL, GEMEINDESCHREIBER
mehr über das Leben nachzudenken, mich zu fragen, was der Sinn des Lebens
überhaupt ist, was wichtig ist. 1995 hat Spuren zurückgelassen, die mein Leben
bestimmen.
Schaffen ist wichtig im Leben. Aber nicht das Wichtigste. Zufriedenheit und
Ausgeglichenheit sind zentrale Punkte, mit dem zufrieden sein, was man hat.
Grundsätzlich ist jeder Mensch durch seine Entscheidungen und Handlungen für
sein Leben selber verantwortlich. Wenn man dem Negativen auch etwas Positives
abgewinnen kann, dann fällt Vieles leichter. Das ganze Auf und Ab bekommt im
Rückblick Sinn und zeigt vielfach einen neuen Weg. Ich bin damals zur Gemeinde
gegangen, weil ich mit der vorherigen Stelle nicht mehr zufrieden war. Ich
brauchte einen Tapetenwechsel. Ich musste viel reisen, weil ich als Marketing-
mensch und Exportfachmann gearbeitet habe. Ich habe dann das Gefühl bekom-
men, dass ich festgefahren bin. Darum habe ich mich verändert und eine neue
Herausforderung gesucht. Diese habe ich auf der Gemeinde gefunden. Ich wurde
positiv überrascht bei der Gemeindeverwaltung. Es herrscht marktwirtschaftli-
ches Denken und die Organisationsstrukturen funktionieren, obwohl der Ge-
meindeapparat durch seinen «demokratischen Aufbau» manchmal langsam ist.
Schade ist, dass viele Einwohner von Triesen kein Interesse am Gemeinde-
geschehen haben. Das sieht man an der Politik und an den Vereinen. Hier ist es
sehr schwer, Leute zu finden, die sich engagieren, die etwas tun wollen für die
Gesellschaft. Der Wohlstand hat viel verändert, man hat mit sich selbst viel zu tun,
und dadurch wächst die Tendenz, keine Zeit zu haben, keine Bereitschaft für an-
dere zu finden. Die niedrige Beteiligung bei den Abstimmungen ist ein deutliches
Indiz.
Triesen wächst immer mehr. In den letzten Jahren sind mehr als tausend
Einwohner dazugekommen. Das hat Auswirkungen. Die Infrastruktur an Stras-
sen, an Schulen, an öffentlichen Gebäuden und Plätzen muss ausgebaut werden.
Dazu kommen die Folgekosten. Das ist ein wenig eine Gratwanderung zwischen
Wachstum, Lebensqualität und Bezahlenkönnen. Dazu kommt, dass man im Dorf
auch die Angst hat, seine Identität zu verlieren, wenn so viele neue Bewohner zu
uns kommen. Viele wurden auch eingebürgert. Die Zahl der «Ohrenmarken-
triesner» wird immer kleiner. Ich glaube, dass gerade das gegenseitige Miteinan-
der im Dorf künftig ein wichtiges Thema sein wird. IM