LIESEL HOCH, COIFFEUSE
Is ich 15 war, wollte ich Friseuse oder Hebam-
me werden. Meine Schwester Luzia, die zwölf
Jahre älter ist als ich, sagte aber, ich solle zuerst
eine Haushaltsiehre machen. Ich bekam eine
Stelle am Sevelerberg. Als wir dann aber erfah-
- A ren haben, dass der Sohn dieser Familie ein
Trinker war, musste ich nicht hingehen. Gerne hätte ich eine Lehre als Friseuse in
Davos gemacht, weil ich dort öfters bei einer Tante in den Ferien war. Es war
damals aber nicht möglich, eine Lehrstelle zu finden. So fing ich dann bei meinem
Bruder Wisi die Lehre an. Im Lehrvertrag stand, dass ich vor der Prüfung auch
noch in einem anderen Geschäft arbeiten musste. So kam ich 1938, knapp vor
dem Krieg, für ein Jahr nach Bayreuth. Die Leute dort haben mich sehr freundlich
aufgenommen. Das war die schönste Zeit in meinem Leben. Das Geschäft lag an
der Richard Wagner-Strasse, dort, wo auch Hitler wohnte, wenn er an den Fest-
spielen war. Für mich war es eine wunderschöne Zeit. Das einzig Negative, das ich
n Erinnerung habe ist, dass die Juden damals sehr schlecht behandelt wurden.
1939 habe ich dann in Buchs die Prüfung gemacht. Danach war ich noch eine Zeit
ang bei meinem Bruder Wisi angestellt, bevor ich drei Monate in Lugano arbeite-
te. Später ging ich noch für ein Jahr nach Fribourg. Dort war es sehr streng. Man
erlaubte mir nicht einmal, an die Beerdigung von Wisis Frau zu fahren, obwohl
mein Arbeitsvertrag zwei Tage später sowieso beendet war. Ich hatte auch ge-
hofft, dort etwas Französisch zu lernen. Die Leute haben aber nur Deutsch mit mir
gesprochen, und ich hatte keine Freizeit, um einen Sprachkurs zu machen. Meine
letzte Stelle in der Schweiz war in Rickisberg im Berner Oberland. Als ich wieder
nach Hause kam, hatte Wisi das Elternhaus zu einem Friseurladen umgebaut. Das
hat mir überhaupt nicht gefallen. 1944 habe ich Max Hoch geheiratet, 1945 kam
Theo und 1947 Hanspeter auf die Welt. 1952 haben wir uns getrennt. 1955/56
nabe ich in der Rheinau mein eigenes Haus gebaut. 2000 Franken habe ich damals
für den Boden und 60’000 Franken für das Haus bezahlt. Gerne hätte ich etwas
grösser gebaut, die Küche war so klein, aber das war damals nicht ohne weiteres
möglich. In der Rheinau habe ich auch mein eigenes Geschäft aufgebaut, das von
Anfang an recht gut lief. Ich hatte immer mehr als genug zu tun. Mein erster
Angestellter war Franz Fehr aus Altenstadt bei Feldkirch. Er kam anfangs sogar
mit dem Velo zur Arbeit. Später habe ich dann viele Lehrlinge ausgebildet. Heute
arbeite ich mit Theo, meinem Sohn, zusammen im Geschäft.
ch musste schon sehr viel arbeiten. Das Haus, das Geschäft, die Kinder... Und
später wohnten auch noch Silvan und Sonja, die Kinder von Wisi, bei mir. Ich kann
mich noch gut erinnern, als Silvan zu mir kam und mich fragte, ob er aus seinen
Ersparnissen ein Auto kaufen oder ein Haus bauen soll. Ich habe ihm selbstver-
s;tändlich zum Haus geraten, was er dann auch verwirklicht hat. Sonja hat im
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