ELENA SPRENGER, HAUSFRAU
DE a eine Eltern haben eine ganz wunderbare
} \ he Ehe geführt. Sie haben nie gestritten und
A E alles für uns gegeben. Ich bin im Veltlin
© Ei aufgewachsen, zusammen mit sechs Ge-
G a4 schwistern. Mein Vater war mehr als 40
= # Jahre Direktor der Elektrizitätswerke.
Trotzdem hat es für uns keine Arbeit gegeben und so musste ich 1947, nach dem
Krieg, ins Ausland, um Arbeit zu suchen. Ich kam zuerst ins Bündnerland, nach
Santa Maria ins Hotel Stelvio. Dann bin ich nach Schaan ins Cafe Gassner gekom-
men. Heimweh habe ich heute keines mehr. Seit die Eltern tot sind, ist es nicht
mehr das Gleiche im Veltlin. Ich störe nicht gerne, auch wenn ich eingeladen bin.
Vor vierzehn Tagen waren wir auf einen kurzen Besuch daheim.
Am 17. November 1951 habe ich den Albert geheiratet. 52 kam die Mirella,
54 die Carmen, 59 der Silvio und 62 der Fredy auf die Welt. Der Albert ist 1984
gestorben, der Silvio auch und der Fredy schon 1975. Das tut weh, sogar der Fredy,
der jetzt schon bald 25 Jahre tot ist, das tut weh, heute noch. Um den Silvio habe
ich so gekämpft, ich wollte ihn nicht gehen lassen, ich wollte ihn bei mir behalten,
trotz seiner Krankheit. Aber das ging nicht. An einem Abend bin ich dann auf das
Grab vom Fredy gegangen und habe gesagt: «Du musst mir helfen.» Dann bin ich
nach Hause gekommen, habe mich ausgeruht und habe gesagt, «so Herrgott,
jetzt kannst Du ihn zu Dir nehmen.» Am Montag ist der Silvio dann gestorben.
Schon meine Grossmutter sagte immer, dass der Herrgott mir nur soviel auflädt,
wie ich auch tragen kann, und so hat mein fester Glaube mich überleben lassen.
Ich bin froh, dass ich so ein Zutrauen habe, vielleicht bin ich auch stark.
Um sechs Uhr stehe ich auf, jeden Tag. Wenn ich auf der Gafadura bin, kann
es auch früher sein. Am Mittwoch und am Freitag gehe ich in die Schülermesse,
am Donnerstag und Sonntag in die Kirche. Ich gehe fast jeden Tag in die Kirche,
zusammen mit Anna, meiner Nachbarin, ebenfalls eine Italienerin, die schon sehr
lange in Triesen ist. Aber Anna kann jetzt nicht mehr mit, seit sie den Herzinfarkt
hatte. So gehe ich alleine, das ist ein schöner Spaziergang. Dann gehe ich einkau-
fen und nehme Zmorga. Es gibt solche, die glauben, ich hätte eine grosses Maul,
nein, ich bin sensibel, es tut mir im Herz weh, wenn es anderen schlecht geht. Ich
fühle mit den Leuten mit, das ist mein Charakter, da kann ich nichts machen. Dann
habe ich das Haus und den Garten, das Haus ist jetzt zu gross für mich. Aber was
will ich, vielleicht will Carmen, meine zweitälteste Tochter, einmal einziehen. Der
Garten ist mir wichtig. Ich sähe, pikiere und ziehe auf. Ich hatte im Jahr 2000 Kiwi,
aber die mussten beim Neubau nebenan raus. Ich sagte mir, entweder die Kiwi
oder der Bub. So hat Piero, mein Enkel, nebenan gebaut. Jetzt wohnt er mit seiner
Frau und deren Kinder nebenan. Ich habe ihm den Boden zum Bauen gegeben.
Da mache ich keine lange Geschichte. Ich bin nicht der Typ, der streitet, das tue ich
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