Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Parteien und Parteiensystem der Monarchie nahm die Bürgerpartei ebenfalls eine konservative Hal­ tung ein, während die Volkspartei mehr Demokratie einforderte. Die wesentlichen Forderungen der Volkspartei wurden in der Verfassung von 1921 eingelöst. Die Bürgerpartei hatte ferner den Klerus auf ihrer Seite, da die Anhänger der Bürgerpartei als fleissigere Kirchgänger gal­ ten, während der Volkspartei eine kritische Einstellung zur Kirche nach­ gesagt wurde. Die Kirche führte einen Kampf gegen sozialdemokrati­ sche Ansichten und stand traditionellerweise auf der Seite der Monar­ chie, sodass eine gewisse Distanziertheit zwischen dem Klerus und der Volkspartei nicht überraschend war. Insgesamt dürfen die Differenzen zwischen den Parteien aber auch nicht überbewertet werden. Beide Parteien sprachen sich grundsätzlich für die Monarchie aus und bekann­ ten sich zu den christlich-katholischen Grundwerten. Wie bereits weiter oben erwähnt, hat die faktische Bedeutung der Parteien bis heute keinen Niederschlag in der Verfassung gefunden. Noch in den 20er und 30er Jahren wurde in Liechtenstein immer wieder die Diskussion geführt, ob Abgeordnete Vertreter des Landes oder Ver­ treter einer Partei seien, wobei die FBP eher den ersten Standpunkt, die Volkspartei und die nachfolgende VU eher den zweiten Standpunkt ver­ trat. 
Wille lokalisiert die Akzentverschiebung in Richtung auf eine Un­ terordnung des Landtages unter die Parteien bereits Mitte der 20er Jahre, in denen das politische Klima zunehmend härter wurde. Der Landtag «büsste auch die verfassungsmässige Stellung als Ort ein, wo anstelle des Volkes beraten und entschieden wird. Er ist nicht mehr das politische Forum.»177 Mit der Einführung des Gemeindequorums 1932 unterstrich die FBP nochmals den Standpunkt, die Abgeordneten stärker an das Volk anstatt an Parteien zu binden. Allerdings beinhaltete dies auch einen Wider­ spruch, denn durch die stärkere Gemeindeorientierung wurde die Ziel­ setzung, dass Landtagsabgeordnete «Landesvertreter» sein sollten, ver­ letzt.178 Mit der Einführung des Proporzwahlrechtes 1938/39 und der Abschaffung des Gemeindequorums setzte sich schliesslich die Ent­ wicklung zur Parteiendemokratie auch formal durch. Dabei waren sich die Vertreter der FBP bzw. des Liechtensteiner Volksblattes bewusst, 177 Wille 1981: 141. 178 Vgl. Wille 1981: 137 ff. 77
	        

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