Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Politisches System Liechtensteins vom 11. März 1918 sahen sie sich aber offenbar gezwungen, ebenfalls eine Partei zu gründen. Die Skepsis gegenüber der Einrichtung von Par­ teien blieb in der Bürgerpartei noch länger erhalten und diente in den 30er Jahren als Argument gegen die Einführung des Proporzwahl­ rechtes.175 Selbst heute noch wird in den Reihen der FBPL ein Eigenbild gepflegt, das geprägt ist von Individualismus und geringem Parteien­ zusammenhalt.176 Wir haben gesehen, dass in der grundsätzlichen Auffassung über Par­ teien ein wesentlicher Unterschied zwischen den politischen Richtun­ gen, die durch die beiden Landeszeitungen repräsentiert wurden, bestand. Wilhelm Beck war ein vehementer Befürworter von Parteien, während die Volksblattkreise den Parteigründungen ablehnend gegen­ überstanden. Zwischen diesen beiden politischen Richtungen gab es noch weitere Differenzen, die teilweise in der Auseinandersetzung über die Parteigründungen erkennbar wurden. Die Volkspartei suchte Verän­ derungen auf verschiedenen Ebenen. Sie nahm in sozialen Fragen einen fortschrittlicheren Standpunkt ein. Die Volkspartei war dementspre­ chend stark in der Arbeiterschaft verwurzelt. Eine wichtige Basis waren die Saisonarbeiter, die in der Schweiz tätig waren und dort auch mit sozialdemokratischem Gedankengut in Verbindung gekommen waren. Der Wirkungskreis der Volkspartei beschränkte sich in den Anfängen auf das Oberland mit den Parteihochburgen in Balzers, Triesen und Triesenberg. Das Unterland war wirtschaftlich rückständiger und ent­ wickelte sich zu einer zuverlässigen Stütze für die Bürgerpartei. In der aussenpolitischen Orientierung zeigte sich ein wesentlicher programmatischer Unterschied zwischen den Parteien. Nach dem Zu­ sammenbruch der Donaumonarchie forcierte die Volkspartei eine An­ näherung an die Schweiz, während die Bürgerpartei - nicht zuletzt auch mit Rücksicht auf den in Wien lebenden Fürsten - weiterhin an den wirtschaftlichen Bindungen zu Österreich festhalten wollte. In der Frage 175 Vgl. Geiger 1997 Bd. 2: 322. Pfarrer Anton Frommelt wehrte sich trotz entsprechender Abmachung zwischen der Bürgerpartei und der Vaterländischen Union gegen die Ein­ führung des Proporzwahlrechtes 1938/39 mit dem Argument, dass der Proporz die Parteibildung fördere und den Parteienzwist schüre. Auch andere Exponenten der FBP sprachen sich gegen das Verhältniswahl recht aus. 176 Dies kommt in der Elitenbefragung mit bedauerndem Unterton und mit neidischem Blick zur VU zum Ausdruck. Vertreterinnen der VU stellen dieses Selbstbild der FPBL allerdings eher in Frage. 76
	        

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