Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Partizipation und Abstinenz Die Knappheitshypothese Die Knappheitshypothese ist nach Meinung von 
Falter/Schumann eine typisch territorial argumentierende Erklärungshypothese.423 Die Knapp­ heitshypothese postuliert, dass die Wahlbeteiligung mit der erwarteten Knappheit eines Wahlergebnisses steigt. Dies gilt speziell für das Ma- jorzwahlrecht, in welchem zwischen Wahlkreisen mit zu erwartendem knappem oder eindeutigem Wahlausgang unterschieden werden kann. Der Ansatz geht zurück auf die Theorie des ökonomischen, rationalen Wählens, wonach die Wählerinnen und Wähler den Nutzen eines Ur­ nengangs mit dessen Aufwand bilanzieren und dann eine Entscheidung treffen, ob sie an der Wahl teilnehmen wollen (und wie sie wählen). Falter/Schumann erwähnen, dass diese Hypothese vor allem in der an­ gelsächsischen Literatur starke Beachtung findet. Sie meinen aber, dass auch im bundesdeutschen personalisierten Proporzwahlsystem durch die Vergabe von Direktmandaten ein Nachweis möglich ist. Tatsächlich lag denn auch die Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen 1990 in umstrittenen Wahlkreisen höher als in anderen. Die Umstrittenheit wies sogar eine höhere Erklärungskraft auf als die soziodemografische Zu­ sammensetzung der Wahlkreise.424 Für die Bundesrepublik Deutschland haben speziell auch 
Kirchgässner für die Bundestagswahl 1987 und Kirchgässner/Meyer zu Himmern für die Bundestagswahl 1990 Knapp­ heitseffekte, die die Höhe der Wahlbeteiligung beeinflussten, nachgewie­ sen.425 Für die Wahlen 1990 galt dies jedoch nur für die alten Bundes­ länder. Auf die liechtensteinischen Verhältnisse übertragen erscheint es plau­ sibel, dass die Knappheit der Macht- und Mehrheitsverhältnisse einen Einfluss auf die Höhe der Wahlbeteiligung hat. Im Verlauf des 20. Jahr­ hunderts hat es immer wieder wechselnde Mehrheitsverhältnisse gege­ ben, die einmal der VU, einmal der FBPL die politische Hauptverant­ wortung übertragen haben. Andererseits darf aber nicht übersehen wer­ den, dass es auch Phasen gab, in denen ein Machtwechsel sehr unrealis­ tisch war, ohne dass dies von einer sinkenden Wahlbeteiligung begleitet gewesen wäre. Die Knappheit der Machtverhältnisse ist daher sicherlich nicht der einzige Grund für die permanent hohe Wahlbeteiligung in 423 Falter/Schumann 1994: 183. 424 Falter/Schumann 1994: 166/183. 425 Kirchgässner 1990; Kirchgässner/Meyer zu Himmern 1994. 193
	        

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