Wahltheorien und Hypothesen tung des Beteiligungsrepertoires gekennzeichnet.359 Die De-Institutiona- lisierung stellt vor allem die Parteien vor Probleme, da die Artikulation zunehmend ausserhalb der Parteien stattfindet, während die Vermittlung weiterhin in den Parlamenten geschieht. Die Bedeutung der Parteien im politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess gerät daher unter Druck. In Ländern mit direktdemokratischer Tradition hat sich demgegenüber längst ein Beteiligungsritual mit Vernehmlassungsver- fahren und funktionierendem Willensbildungsprozess eingespielt.360 Kognitive Mobilisierung Der Rational-Choice-Ansatz bietet ebenfalls Erklärungen für die Ero sion der Parteibindungen, und zwar von zwei Seiten. Grundlage ist da bei das steigende Bildungsniveau der Bevölkerung. In der engeren Inter pretation, wonach die Wähler einen rationalen Wahlentscheid unter Abwägung aller Vor- und Nachteile treffen, werden mit steigendem Bil dungsniveau programmatische Aussagen von Parteien und das Abwägen politischer Angebote gegeneinander immer mehr Bedeutung gewinnen. Individuelle Veränderungen oder soziale Mobilität müssten daher ten denziell auch zu Parteiwechseln führen. In einer weiteren Interpretation kann unter ökonomischem Wählen auch verstanden werden, dass die politische Arbeit an Experten delegiert wird und dass im Sinne eines rationalen Umgangs mit der verfügbaren Zeit ein Entscheid getroffen wird, welcher Partei man vertraut bzw. wel cher Partei man die grösste Problemlösungskompetenz zutraut, um sich 359 Bürklin 1992: 20 ff. Bürklin stellt für die Bundesrepublik Deutschland eine Zunahme der Akzeptanz für bislang unkonventionell gehaltene Beteiligungsformen wie Protest demonstrationen, Gebäudebesetzungen oder Verkehrsblockaden fest. Besonders alar mierend bezeichnet er dabei die Tatsache, «dass sich die genannten Veränderungen seit den 1970er Jahren vor allem in der jüngeren Bevölkerung ausgeprägt haben. Viele junge Wähler - die Grenze verschiebt sich hier immer weiter nach oben und liegt bei einigen Beteiligungsformen in der Zwischenzeit bei 44 Jahren - geben heute an, eher bereit zu sein, in einer Bürgerinitiative mitzuwirken oder sich an einer Unterschriftensammlung zu beteiligen, als zur Wahl zu gehen oder in einer Partei mitzuarbeiten.» Bürklin 1992: 23. Postmaterialisten neigen besonders häufig zu unkonventioneller politischer Betäti gung. Nach Inglehart hängt die Korrelation zwischen dem Protestpotential und der postmaterialistischen Werthaltung damit zusammen, dass Postmaterialisten mehr Zeit für Politik zur Verfügung haben, die etablierte Gesellschaftsordnung weniger unter stützen und durch unkonventionelle politische Betätigung auch weniger zu verlieren haben als Materialisten. Inglehart 1990: 92. 360 Bürklin 1992: 23. 154