Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Politisches System Liechtensteins Parteibindung Ein grosser Teil der Wählerschaft weist eine ausgeprägte Bindung zu einer der beiden Grossparteien auf, wie die späteren Analysen noch zei­ gen werden. Die Bereitschaft, eine andere Partei zu wählen, ist gering und das Potential, das von einer neuen Partei angesprochen werden kann, ist als relativ gering einzuschätzen. In Kombination mit der hohen Wahl­ beteiligung ist das ungebundene Wählerreservoir daher relativ klein. Sozialer und wirtschaftlicher Druck Die beiden traditionellen Grossparteien bieten ihrer treuen Wählerschaft einen gewissen Schutz und können auch für wirtschaftliche Vorteile bei Anstellungen, Arbeitsvergaben u.a. sorgen. Man kann in diesem Zusam­ menhang auch von Patronageparteien sprechen.230 Wer sich ausserhalb des Schutzschirms der Grossparteien begibt, kann unter Umständen Nachteile erfahren. Ein Bekenntnis zu einer der beiden Grossparteien erweist sich dabei zweifellos als vorteilhafter, als wenn man einer oppo­ sitionellen Partei anhängt. Neben ökonomischen Vor- und Nachteilen kann das Wahlverhalten und das Bekenntnis dazu auch soziale Sanktio­ nen nach sich ziehen. In einem familialen oder verwandtschaftlichen Be­ ziehungsnetz besteht ein Konformitätsdruck, der sich auch auf die Par­ teibindung und das Wahlverhalten bezieht. Mit dem wirtschaftlichen Wohlstand, der zunehmenden Mobilität, der europäischen Integration und der Globalisierung hat sich die Bedeu­ tung der Parteien als Schirmherren beruflicher Karrieren abgeschwächt. In den 30er Jahren, in denen hohe Arbeitslosigkeit herrschte, hatte die Praxis der Arbeitsverteilung noch heftige Kritik ausgelöst.231 Mit der Einführung des Proporzwahlrechts setzten sich mit der Zeit, aber nicht 230 Waschkuhn 1994a: 262. Waschkuhn spricht an anderer Stelle von einer Oligarchisierung, die «in negativer Konsequenz Verfilzung und Kontrollverdünnung» bedeutet (Wasch­ kuhn 1990:31). Batliner hat in den 70er Jahren festgestellt, dass es die knappen Mehrheits­ verhältnisse «pressure groups in Form von Familienclans (erlauben), ungewöhnlichen Einfluss auszuüben und ungerechtfertigte Vorteile einseitig an sich zu reissen.» (Batliner 1976: 183) Als ehemaliger Regierungschef kann er aus eigener Erfahrung sprechen. 231 Diese Kritik - ob zu Recht oder zu Unrecht - hat sich in der mündlichen Überlieferung bis heute erhalten. Altere Leute hegen bis heute deswegen einen Groll. Bei der Lektüre von Geiger (1997: 237 ff.) liegt der Schluss nahe, dass öffentliche Aufträge und Arbeiten in dieser wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit tatsächlich nicht immer objektiv und gerecht verteilt wurden. 102
	        

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