Volltext: Das Recht auf einen ordentlichen Richter in der liechtensteinischen Verfassung

Überblick über den Inhalt des Art. 33 Abs. 1 LV prinzip, sondern auch unmittelbar aus der Verfassung: Gemäss der stän­ digen Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes ist der Anspruch auf ein Verfahren vor einem ordentlichen Richter nicht nur dann als verletzt an­ zusehen, wenn eine Gerichts-, sondern auch, wenn eine Verwaltungsbe­ hörde eine Entscheidung in Anspruch nimmt, die ihr kompetenzmässig gar nicht zusteht oder umgekehrt, wenn sie eine ihr gesetzlich zustehen­ de Angelegenheit ablehnt.46 Der Staatsgerichtshof interpretiert den Be­ griff des Richters demnach weit und versteht darunter insoweit auch Verwaltungsbehörden.47 Indem der Staatsgerichtshof in der Entscheidung StGH 1977/6 Art. 33 Abs. 1 LV auch auf den im Zwangsversteigerungsverfahren (also nicht in typisch richterlicher Weise) tätigen Richter anwendete, weitete er Art. 33 Abs. 1 LV auf ein Verfahren vor einem gesetzlichen Verwal­ tungsbeamten aus: StGH 1977/6:48 In einer - vom Landgerichte durchzuführenden - Zwangsversteigerung machte die Beschwerdeführerin geltend, Art. 33 Abs. 1 LV sei verletzt, weil das Gericht die im grundverkehrs- rechtlichen Verfahren noch nicht ergangene letztinstanzliche Entscheidung nicht abgewartet hätte, welche über die Frage der Bei­ bringungsmöglichkeit des für eine Zulassung zum Steigern bei der betreffenden Zwangsversteigerung nötigen Ausweises befinden soll­ te. Der Staatsgerichtshof erkannte für Recht: «Der Anspruch auf das Verfahren vor dem ordentlichen Richter ist dann als verletzt anzu­ sehen, wenn eine Gerichts- oder Verwaltungsbehörde eine Entschei­ dung in Anspruch nimmt, die ihr kompetenzmässig nicht zusteht oder umgekehrt, wenn sie eine ihr gesetzlich zustehende Ange­ legenheit ablehnt.» Der Staatsgerichtshof wies die Beschwerde aber u.a. mit der Begründung ab, das Gericht sei weder durch die Ver­ fassung noch durch das einfache Gesetz gehalten, das Ende eines de jure vom Gericht unabhängigen administrativen Verfahrens abzu­ warten, ehe es die anberaumte Zwangsversteigerung durchführe.49 46 Zu Judikaturhinweisen s. FN 20. 47 S. auch 
Höfling, Grundrechtsordnung 231 mit Verweis auf die analoge Praxis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes. 48 Entscheidung des StGH v. 24. Oktober 1977 (LES 1981 45 ff., «Nichtausschöpfung I»), 49 StGH 1977/6, Entscheidung vom 24. Oktober 1977 (LES 1981 47, «Nichtaus­ schöpfung I»), 44
	        

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