Volltext: Das Recht auf einen ordentlichen Richter in der liechtensteinischen Verfassung

Gesetzlicher Richter und Legislative Das Vorbehaltprinzip verbietet eine Überbesetzung auf individuell­ abstrakter Ebene, weil die mit ihr angestrebten Ziele sinnvoll bereits auf höherer Rechtsetzungsstufe erreicht werden können. Das gilt für das Argument der Spruchunfähigkeit eines Spruchkörpers mangels Stellver­ treterrichter wie auch für das Argument der Vermeidung von quantitati­ ven und qualitativen Überforderungen434 der Richter. Was die Erforder­ lichkeit der Einbringung eines rechtlichen Fachwissens betrifft, müsste angesichts der in unserer Gerichtsverfassung mit Einschränkung435 über­ betonten Laiengerichtsbarkeit sowohl bei den Gerichten des Zivil- und des Strafrechts als auch den Gerichten des öffentlichen Rechts436 zu­ nächst auf verfassungsrechtlichem oder formellgesetzlichem Wege das Verhältnis rechtskundige Richter/Laienrichter in Richtung auf eine ver­ mehrte Professionalität der Gerichte hin verbessert werden, bevor zum Mittel der Überbesetzung gegriffen wird. Da die mit der Überbesetzung angestrebten Ziele also sinnvollerweise ebenso auf generell-abstrakter Ebene erreicht werden können,437 ist eine Überbesetzung kraft Ernen­ nungsakts verfassungsrechtlich untersagt. Das gebietet das Stufenord­ nungsprinzip im hier verstandenen Sinne. Abgesehen davon hätte eine Überbesetzung dann als verfassungs­ mässig bezeichnet werden können, wenn Verfassung oder Gesetz diese Möglichkeit tatsächlich vorgesehen und alles, was einer generell­ abstrakten Regelung sinnvollerweise zugänglich gewesen wäre, einer Regelung unterzogen hätten (Vorbehaltprinzip). Da aber weder Verfas­ sung noch Gesetz für ein Gericht die Möglichkeit eines überzähligen Mitgliedes vorgesehen haben, verstiesse jede Besetzungsordnung, die weitere Mitglieder bestimmt, gegen das Gebot des gesetzlichen Richters. Lediglich am Rande bemerkt sei, dass - sähen Verfassung oder Gesetz S. hierzu auch 
Eichenberger; Unabhängigkeit 241 f. Zum Werdegang eines Richters in Deutschland s. etwa 
Niebier 13 f.; in Osterreich 
Kropiunig 34 ff. 455 Abgesehen selbstverständlich von der Einzelgerichtsbarkeit auf Landgerichtsebene. 416 Bezüglich des Staatsgerichtshofes vgl. 
Waschkuhn, Justiz 46. 437 Etwa im Wege gerichtsverfassungsrechtlicher Bestimmungen (Änderung der Anzahl Spruchkörper, Schaffung von Sondergerichten etc.) oder im Wege generell-abstrak- ter Bestimmungen bzgl. Qualifikation der Richter (Erfordernis einer besonderen Ausbildung oder eines besonderen Ausbildungsganges, Vorschriften bezüglich einer attraktiven Richterlaufbahn etc.). S. in diesem Bezugsrahmen auch die «Schriftlei­ tung» im Editorial zu LJZ 1988, «Befähigungsnachweis für das Richteramt», in LJZ 1988 45 f. sowie 
Waschkuhn, Justiz 46 f. und 
Waschkuhn, System II 231. Zu Lösungs­ wegen bei (quantitativer) Justizüberlastung s. etwa 
Bettermann, Rechtsstaat 21 ff. 268
	        

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