Volltext: Das Recht auf einen ordentlichen Richter in der liechtensteinischen Verfassung

Vorrangprinzip ist. Zum einen erreichen die Gerichte hier zahlenmässig in der Regel nicht dasselbe Ausmass, wie das bei grösseren Staaten der Fall ist. Zum anderen geht die Anonymität der Richter angesichts einer Vielzahl von Fällen bei einer relativ zu anderen Staaten kleinen Einwohnerzahl oft verloren, so dass die Richter vermehrt in den Ausstand treten müssen. Dass die Spruchunfähigkeit eines Spruchkörpers und eine überhöh­ te Inanspruchnahme der Richter unbedingt vermieden werden müssen, ist selbstverständlich. Die Frage ist nur, ob die Überbesetzung ein aus verfassungsrechtlicher Sicht zulässiges Mittel ist.430 Grundsätzlich be­ stimmen ja Verfassung und Gesetz die zahlenmässige Zusammensetzung der Gerichte. Nur für das Landgericht in der Form der Einzelgerichts­ barkeit enthalten die generell-abstrakten Rechtsgrundlagen keinerlei Hinweise für eine fixe Zahl der Landrichter.431 Es gilt nachstehend also der Frage nachzugehen, inwieweit Überbe­ setzungen der Gerichte vor Art. 33 Abs. 1 LV standhalten. Zweifelsfrei ist meiner Meinung nach zunächst, dass eine Überbesetzung nie so weit gehen darf, dass ein Spruchkörper praktisch in mehrere Teil-Spruchkör- per zerfiele.432 Auch dürfte der Gerichtsapparat nicht unnötigerweise aufgebläht werden oder die Überbesetzung zu weiteren Mehrfachbeset­ zungen Anlass geben. 2. 
Individuell-abstrakte Überbesetzung eines Spruchkörpers: Eine indi­ viduell-abstrakte Überbesetzung, d.h. die Ernennung eines zusätzlichen Richters für eine zum Voraus nicht bestimmte Anzahl von Fällen, ist nach meinem Dafürhalten aus folgenden Gründen abzulehnen:433 430 Was die Diskussion in der Schweiz betrifft, s. insbes. 
Beyeler 30 f.; ferner 
Müller, Garantie 253 f. Zu derjenigen in Deutschland s. etwa BVerfGE 4 416 f.; BVerfGE 17 301; BVerfGE 18 70; BVerfGE 18 350; BVerfGE 19 147; 
Degenhart 873 und 
Herzog 22 ff. Rechtsprechung und herrschende Lehre sehen weder in der Schweiz noch in Deutschland die blosse Tatsache der Uberbesetzung als verfassungswidrig an. Betreffend die Frage allerdings, welche Anforderungen die jeweilige, dem Art. 33 Abs. 1 LV entsprechende Verfassungsnorm an überbesetzte Spruchkörper stellt, scheiden sich die Geister. Bspw. ist die Frage umstritten, ob das Verbot der Einräu­ mung einer Manipulationsmöglichkeit als solche Anforderung taugt. 431 Von Uberbesetzungen kann man hier also gar nie sprechen. 432 Das widerspräche der gesetzlich abschliessenden Regelung der verschiedenen Gremien. Vgl. hierzu bspw. BVerfGE 17 301; 18 344; 19 147. 433 Vgl. 
Beyeler 30 f. Ferner etwa: BVerfGE 17 301; 18 70; 18 350; 19 147; 
Degenhart 873 und 
Herzog 22 ff. 267
	        

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