Vorrangprinzip 2. Unter dem Gesichtspunkt der
Sachgemässheit ist zu untersuchen, ob durch eine Mehrfachzuständigkeit der Motivation des Verfassungsge bers, aus der heraus die Scheidung in horizontal und vertikal unter schiedliche Spruchkörper geschehen ist, widersprochen wird oder nicht. Insbesondere ist dann eine Verletzung des Art. 33 Abs. 1 LV anzuneh men, wenn eine Mehrfachzuständigkeit auf Gesetzes- oder niedrigerer Rechtsetzungsstufe mit Sinn und Zweck irgendeiner Verfassungsbestim mung kollidiert. Was die liechtensteinische Gerichtsverfassung betrifft, waren mei nes Erachtens namentlich folgende Beweggründe für die Aufspaltung in die verschiedenen Spruchkörper massgebend: horizontal: - rasches und bewegliches Verfahren (Einzelgerichte) beziehungs weise Ausgewogenheit der Urteilsbildung (Kollegialgerichte);414 - Arbeitsteilung (Einzelgerichte auf der Ebene des Landgerichts, zwei Senate des Obergerichts); - Schaffung von Gerichten für einen bestimmten Rechtsbereich (Einzelgerichte in Zivilsachen; Einzelgerichte in Strafsachen, Schöffengericht, Kriminalgericht und Jugendgericht; Verwaltungs beschwerdeinstanz, Staatsgerichtshof; nicht klar bei den zwei Sena ten des Obergerichts), Anwendung einer spezielleren Verfahrens form (Einzelgericht in Strafsachen); - Schaffung eines Sondergerichts mit in dem betreffenden Sachbe reich besonders qualifizierten Fachrichtern (Jugendgericht). vertikal: - Überprüfung bestimmter Aspekte einer Rechtssache durch eine höhere, unabhängige Instanz (Obergericht, Oberster Gerichtshof, Verwaltungsbeschwerdeinstanz, z.T. Staatsgerichtshof). Nachstehend soll untersucht werden, ob und inwiefern die vorgesehe nen Mehrfachzuständigkeiten von Richtern der in Frage stehenden Verfassungsnorm widersprechen. 414 So etwa
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