Volltext: Das Recht auf einen ordentlichen Richter in der liechtensteinischen Verfassung

Vorbehaltprinzip tretenden Landrichter noch sonst einen Landrichter auf. Die hier vertre­ tene Ansicht der Unklarheit der Regelung in § 4 GOG wird durch die Ernennungspraxis somit bestätigt. Es liegt ein Verstoss gegen das Erfor­ dernis der möglichst eindeutigen Bestimmbarkeit vor. § 4 Abs. 3 GOG hätte klarerweise lauten müssen: «Der Kriminalgerichtshof besteht aus einem Präsidenten und einem Vizepräsidenten, dem jeweiligen Land­ richter und dessen Stellvertreter, drei weiteren Kriminalrichtern und drei Ersatzschöffen.» 3. 
Stellvertreter: In jedem richterlichen Gremium kann es zu Ausfällen von regelmässig amtierenden Richtern kommen, sei es, dass sie in Urlaub gehen, sei es dass sie von Gesetzes wegen ausgeschlossen sind oder von einer Partei abgelehnt werden, sei es, dass sie erkranken oder auf andere Art an der Ausübung ihres Amtes verhindert sind.209 Wenn in solchen Fällen kein Stellvertreter für den an sich zuständigen Richter einspringen könnte, wer entschiede dann den vorliegenden Fall? Die Antwort liegt auf der Hand. Das richterliche Gremium wäre beschluss­ unfähig und der Gerichtsweg blockiert. Das könnte niemals Ratio eines Verfassungs- oder Gesetzgebers sein. Das Institut der Stellvertretung ist vielmehr unabdingbare Voraussetzung für ein funktionsfähiges Ge­ richtswesen. Über die Stellvertretung im Schöffengericht und im Kriminalgericht ist das Wesentliche bereits gesagt worden. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang noch die Streitfrage um die Stellvertreterregelung bezüglich der Staatsgerichtshof­ richter. Weil Art. 105 LV nichts von einer Stellvertretung erwähnt, ist die Stellvertreterregelung im «Gesetz über den Staatsgerichtshof vom 5. No­ vember 1925» (Art. 2 ff. StGHG) in der hiesigen Literatur schon des öfteren als verfassungswidrig bezeichnet worden.210 Die Frage, ob eine gesetzliche Regelung oder ein Ernennungsakt gegen Art. 105 LV verstösst, ist zwar eine Frage der Verletzung des Vor­ rangprinzips, die Begründung der Verfassungsmässigkeit oder Verfas­ sungswidrigkeit der genannten Regelung lässt sich aber aus dem Vorbe­ haltprinzip ableiten. Die Problematik soll daher hier besprochen werden. 209 Zum Begriff der Verhinderung s. etwa 
Kieker, Stellvertretung 51 f. 210 Vgl. insbesondere 
Kieber, Stellvertretung 51 f.; ferner 
Waschkuhn, Justiz 42; 
Seeger 65. 195
	        

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