Volltext: Liechtenstein im Europäischen Wirtschaftsraum

Wirtschaftliche Integration in Theorie und Praxis Der «Aktionsplan» konnte erreichen, dass insbesondere Österreich, Schweden, Finnland, Deutschland und Griechenland deutliche Anstren­ gungen bei der Umsetzung der Richtlinien unternommen haben. Die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren durch die Kommission stellt keine Ausnahme dar. Im Jahr 1997 verschickte die Kommission 1436 Fristsetzungsschreiben 
(pre-article 169 letters), 343 begründete Stellungnahmen und 121 mal wurde der EuGH angerufen.67 Die Rechts­ durchsetzung erwies sich als mangelhaft: In 15 % der Fälle reagierten die Mitgliedstaaten auf Schreiben der Kommission nicht, oftmals wurde die Frist von 60 Tagen zur Beantwortung der Kommissionsschreiben um 20 bis 30 Tage überschritten.68 Wird eine Klage vor dem EuGH ange­ strengt, kann es bis zu acht Jahren dauern, bevor ein Urteil ergeht. Im Durchschnitt vergehen viereinhalb Jahre zwischen der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens und dem Gerichtsurteil. Allerdings ga­ rantiert ein Urteil des EuGH nicht die Umsetzung einer Richtlinie. In der Vergangenheit haben einzelne Mitgliedstaaten oft erst die gesetzes- mässige Situation wieder hergestellt, nachdem die Kommission die Ver­ hängung von hohen Geldbussen durchgesetzt hat.69 Der Binnenmarkt der EU bleibt mehr oder weniger unvollendet.70 Die grössten Defizite weist der Binnenmarkt in Bezug auf die Mobilität der Arbeitnehmer, die Liberalisierung des öffentlichen Auftragswesens und die Liberalisierung der Finanzdienste, insbesondere Versicherun­ gen, auf. Das Engagement der Kommission, des Rates und des Europäi­ schen Parlaments wurde in diesen Problembereichen verstärkt und soll dazu beitragen, dass der Binnenmarkt zum vorgesehenen Zeitpunkt vollendet werden kann.71 67 «Fifteenth Annual Report on monitoring the application of Community Law 1997, COM (98) 317 final», S. 87. 68 European Commission, Single Market Scoreboard, No. 3, October 1998, S. 3. 69 Griechenland beispielsweise ignorierte ein im Mai 1996 gesprochenes Urteil des EuGH, in welchem Griechenland aufgefordert wurde, seinen Dienstleistungsmarkt zu öffnen. Die entsprechende Richtlinie hätte bis zum 1.7.1993 umgesetzt werden müssen. Gemäss Artikel 171 EG-Vertrag schlug die Kommission daher dem EuGH im Juni 1998 die Ver­ hängung eines Bussgeldes von ca. 40 000 ECU/Tag gegen Griechenland vor 
(Agence Europe, 28.3.1998, S. 13). 70 «Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Cardiff, 15./16. Juni 1998», 
SN 150/98, Brüssel. 71 Siehe zu diesen Punkten 
Rat der Europäischen Union, 2079. Tagung des Rates - Bin­ nenmarkt; 
Europäisches Parlament, Arbeitsdokument W16A 1997; 
Europäische Kom­ mission, KOM(96)583 endg. 54
	        

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