Volltext: Liechtenstein im Europäischen Wirtschaftsraum

Freie Berufe um Anerkennung nachsucht. Diese Verpflichtung ergibt sich auch aus der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes.137 Eine wirkliche Diskriminierung liechtensteinischer Staatsbürger auf­ grund der EWR-Rechtslage kann folglich nicht erkannt werden. Viel­ mehr wirkt die nationale Gesetzgebung in anderen EWR-Staaten be­ schränkend, dies aber sowohl für Inländer als auch für Liechtensteiner. Ein Rechtsanspruch auf Anerkennung eines Drittlanddiploms in ande­ ren EWR-Mitgliedstaaten besteht für Liechtensteinerinnen nicht.138 Allerdings hat die liechtensteinische Regierung auf die neue Situation reagiert und verfolgt eine Reform des Gesundheitswesens.139 Angestrebt wird ein «Hausarztmodell», welches im Wesentlichen den Patienten die Wahl eines Primärarztes lässt, welcher wiederum die Fachärzte aus­ sucht.140 In der Schweiz nehmen dieses System mittlerweile 5 % der Patienten wahr.141 Der Anreiz für die Patienten besteht in der 15-pro- zentigen Senkung der Krankenkassentarife. Der Hausarzt ist nach dem Schweizer Modell für die Finanzierung der gesamten Therapie verant­ wortlich. Zu diesem Zweck überprüft er auch die Rechnungen der Fachärzte. Die Budgetverantwortlichkeit des Hausarztes ist in der Tat­ sache begründet, dass ca. 75 % der vom Hausarzt verursachten Kosten extern, also bei den Fachärzten, den Arzneien etc., anfallen. Ein soge­ nanntes 
«Capitation»-Modell sieht vor, dass der Hausarzt eine Kopf­ pauschale pro Patient und Jahr erhält, mit der er haushalten muss. Um einen Missbrauch durch die Arzte zu vermeiden, ist eine Obergrenze für den Gewinn aus dem Hausarztsystem festgelegt (in der Schweiz CHF 10*000 pro Jahr und Arzt). Unvermeidliche Voraussetzung dieses Systems ist u.a. eine gründliche und kontinuierliche Schulung der Hausärzte im Gesundheitsmanagement. Die EWR-bedingte Liberalisierung kann in diesem Zusammenhang jedoch allenfalls als Auslöser und nicht als alleiniger Grund einer Gesundheitsreform gesehen werden. In allen Wohlfahrtsstaaten West­ 137 Auskunft der EFTA-Überwachungsbehörde, 7.12.1998. 138 ESA-Kollegiumsmitglied 
Bernd Hammermann dazu im Liechtensteiner Vaterland (28.5.1998, S. 5): «Ein Liechtensteiner, der in der Schweiz studiert, muss eigentlich da­ mit rechnen, dass er auf den EWR-Markt mit dem falschen Diplom kommt.» 139 Ritter 1999, S. 10. 140 Regierung des Fürstentums Liechtenstein, Bericht und Antrag 151/1998. 141 Zur Erläuterung des Hausarztsystems siehe 
Die Zeit, 25.3.1999; 
Die Zeit, 25.2.1999, S. 28; 
Die Zeit, 18.2.1999, S. 20. 137
	        

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