fürsten vorgelegten Steuerpostulaten dankbar zustimmen, ohne dass darüber
diskutiert werden durfte. Obwohl der Landtag somit keine realen Kompe-
tenzen besass, erhielten die «Steuerpostulatenlandtage» zumindest durch das
Verfahren einen Anschein von demokratischer Mitwirkung. Dies war bei der
Durchsetzung der Steuerabgaben zweifellos von erheblichem Vorteil. Die
Vertretung des Volkes war bei der Beschlussfassung einbezogen oder zu-
mindest begrüsst worden, man hatte den Abgeordneten zumindest erklärt,
wieso die Abgaben nötig waren. Wenn der Landtag keinen Widerstand lei-
stete, so liess sich dies — bei einer ausreichend wohlwollenden Betrach-
tung auch als eine Art Zustimmung des Volkes interpretieren.
Für das Funktionieren der Verwaltung erscheint von grosser Bedeutung, dass
es keine klaren rechtlichen Regelungen über die Kompetenzen der Behörden
und über das Verwaltungsverfahren gab. Es gab keine Gewaltenteilung; die
Kompetenz zur Rechtsetzung, für den Verwaltungsvollzug wie auch für die
Rechtsprechung waren bei den gleichen Behörden vereinigt. Weiter waren
die Kompetenzen der einzelnen Behörden nicht klar gegeneinander abge-
grenzt: die nächst höhere Behörde konnte jeden Entscheid aufheben. Klar ist
lediglich, dass die Kompetenz zur Gesetzgebung nicht beim Oberamt lag,
sondern dass der Fürst persönlich die Gesetze erliess. Selbst im Gemeinde-
gesetz von 1842 fehlte eine klare Umschreibung der Gemeindeaufgaben. Die
fehlenden rechtlichen Regelungen im Verwaltungsverfahren kamen beson-
ders drastisch beim Untertanenpatent von 1832 zum Ausdruck. In Artikel 1
dieses Gesetzes hiess es, dass jeder Untertan nicht nur bei Befehlen des
Fürsten, sondern auch bei Verordnungen und Entscheidungen der Hofkanzlei
wie auch bei Verfügungen des Oberamts «Gehorsam und Unterwürfigkeit
schuldig» sei. In Artikel 2 hiess es weiter, dass, wenn ein Untertan einen
Auftrag für nicht zulässig halte, er diesem Befehl trotzdem gehorchen müs-
se, bis. die übergeordnete Instanz einen Entscheid gefällt habe. Eine Be-
schwerde hatte damit von vornherein und grundsätzlich keine aufschie-
bende Wirkung.
Etwas besser als in der «politischen Gesetzgebung» sah es im Bereich der
Rechtspflege aus, wo systematisch die österreichische Gesetzgebung rezi-
piert wurde. Vieles hat sich aber auch im Bereich der Rechtsprechung aus
der Praxis heraus entwickelt, wobei häufig keine Begründungen abgegeben
wurden, wieso etwas so und nicht anders gehandhabt wurde. Die Rechts-
staatlichkeit war noch wenig entwickelt.
sr