Regierung umzubilden, die rascher und selbständiger hätte entscheiden kön-
nen. Dass dies nicht gemacht wurde, hängt damit zusammen, dass man in
Wien einen Machtverlust befürchten musste, wenn eine Regierung in Vaduz
weitgehend autonom entscheiden konnte. Die Politik in Liechtenstein wäre
damit aus der Wiener Perspektive zu einem guten Teil unberechenbar und
weniger gut lenkbar geworden. Hier zeigte sich sehr deutlich, dass die
Schwerfälligkeit des absolutistischen Regierungssystems auch spezifisch
liechtensteinische Ursachen hatte.
In bezug auf die Herrschaftstechnik ist festzustellen, dass unangenehme
Vollzugsaufgaben, bei denen mit offenem oder verdecktem Widerstand der
Untertanen gerechnet werden musste, möglichst weit nach unten bezie-
hungsweise in die Nähe des Volkes verlagert wurden. Solche Aufgaben
waren der Vollzug von Verwaltungsakten (zum Beispiel Durchsetzung der
Schulpflicht), die Ortspolizei, die Steuereinhebung, die (zumindest teilweise)
unbezahlten Arbeiten bei der Erstellung und Erhaltung von Wuhr- und Damm-
bauten, Schulen, Kirchen, Strassen usw. Das Oberamt wäre mit der Durch-
führung dieser Aufgaben zweifellos überfordert gewesen, da dazu die not-
wendigen personellen und finanziellen Mittel, aber auch die Zwangsmittel
(zum Beispiel Polizei) fehlten. Diese hätten auch nicht ohne weiteres be-
schafft werden können, da dafür die notwendige Akzeptanz fehlte. Alles,
was mit Belastungen für die Untertanen verbunden war, wurde weitgehend
den Gemeinden übertragen.
Aus Gründen der Herrschaftssicherung war es jedoch nicht ratsam, den
Gemeinden jedes demokratische Recht wegzunehmen. Aus diesem Grunde
sah das Gemeindegesetz von 1842 auch die Institution der Gemeindever-
sammlung vor. Die Gemeindeversammlung konnte über die Verwaltung des
Gemeindevermögens und die Gemeindeumlagen beschliessen sowie einen
Dreiervorschlag für die Ernennung der Gemeindevorsteher und Säckelmei-
ster machen. Die Beschlussfassung in einer Gemeindeversammlung ver-
schaffte den Abgaben eine demokratische Legitimation und verminderte
damit den Widerstand gegen unbeliebte Leistungen. In den Gemeinden
begannen damit wieder ansatzweise demokratische Formen zu keimen, die
von der Landammannverfassung her noch in der Erinnerung lebten.
Aus diesem Blickwinkel muss auch die Funktion des Landtages gesehen
werden. Der Landtag hatte das Zustimmungsrecht (beziehungsweise die
Zustimmungspflicht) bei den Steuerpostulaten: Er musste den vom Landes-
IE