Abbildung 3 zeigt die Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen gemäss
der absolutistischen Verfassung von 1818 und der Bundesakte von 1815. Die
Rahmenbedingungen ergaben sich aus der Bundesakte, welche die grund-
legenden Normen bezüglich des Staatsaufbaus enthielt. Sie verankerte das
monarchische Prinzip, begründete die Existenz des Landtags (eigentlich ein
Scheinparlament), aber auch die Notwendigkeit des kostspieligen und un-
geliebten Militärkontingents. Alle Rechte der Staatsgewalt lagen beim sou-
veränen Fürsten. Es gab keine Gewaltenteilung, der Fürst konnte jederzeit
auf die Gesetzgebung, auf die Rechtsprechung, aber auch auf einzelne Ver-
waltungsakte Einfluss nehmen. Vom Belieben des Fürsten hing auch die
Existenz des Landtags ab, der sich nicht selber versammeln durfte und auch
nicht über eigene Anträge entscheiden konnte. Der Fürst hatte schliesslich
auch alle staatlichen Zwangsmittel auf sich vereinigt, indem er formell das
Oberkommando über das Militärkontingent ausübte.
Von entscheidender Bedeutung war in der Praxis die Hofkanzlei, die sowohl
in der Verwaltung wie in der Gesetzgebung weitreichende Kompetenzen
besass. Die grosse Distanz zwischen Wien und Vaduz und die Ortsunkenntnis
der Beamten in Wien wirkten auf das Verwaltungsgeschehen lähmend. Dies
komplizierte und verlangsamte die Verwaltungsabläufe und wurde zuneh-
mend zu einem Problem. Umgekehrt hatte die Hofkanzlei die Funktion, den
Fürsten abzusichern, indem sich der Volkszorn immer entweder gegen die
Beamten in Vaduz oder dann gegen diejenigen der Hofkanzlei in Wien
richtete. Der Fürst hatte grundsätzlich das Recht, jedes Geschäft jederzeit an
sich zu ziehen und durch einen Machtspruch zu entscheiden. Dies war den
Untertanen sehr wohl bewusst, trotzdem war der Monarch nie Adressat der
Kritik: Die Untertanen glaubten vielmehr, dass ihre Anliegen und Petitionen
nicht richtig an den Fürsten weitergegeben wurden.
Für die Stellung des Oberamts in Vaduz innerhalb der gesamten fürstlichen
Verwaltungsorganisation war entscheidend, dass es nicht die Kompetenzen
einer Regierung hatte. Die Umbenennung des Oberamts in Regierungsamt
zeigte zwar, dass man sich dieser Problematik zunehmend bewusst wurde.
Die Verfassungsentwürfe von 1848 sahen deshalb auch eine Aufwertung des
Oberamts zu einer Regierung vor, doch wurde auch die Lösung dieses
Problems nach 1848 vorläufig verschoben. Daran konnte nun allerdings
nicht das Umfeld schuld sein, denn auch innerhalb des Deutschen Bundes
hätte genügend Handlungsspielraum bestanden, um das Oberamt in eine
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