Volltext: Liechtenstein und die Revolution 1848

weisung auf unsere Verwandtschaft und Nachbarschaft, vorzüglich aber durch 
die Eigentümlichkeiten, deren sich unser Ländchen zu erfreuen hat, und die 
gewiss für die öffentliche Presse geeignet sind», Was waren seine Anliegen? 
Warum ging der dem aufgeklärten, liberalen Lager zuzurechnende Autor an 
die Öffentlichkeit? Der Absender des Sendschreibens wollte «die Bewoh- 
ner des souveränen Fürstentums Liechtenstein über den dermaligen Zustand 
ihres Ländchens» informieren. Denn trotz der am 7. März 1849 in Kraft 
gesetzten Übergangsbestimmungen für das konstitutionelle Fürstentum war 
der politische Zustand im Lande «nichts weniger als befriedigend». Zu 
seiner Konsolidierung bedurfte es noch vereinter Kräfte und redlichen Wil- 
lens, die es mit dem Schreiben zu mobilisieren galt. Dass die Mobilisie- 
rung der gesellschaftlichen Kräfte Liechtensteins über das in Feldkirch 
erscheinende Blatt lief, zeigt die enge Verbindung von Stadt und benach- 
bartem Fürstentum. Zugleich zeigt sich damit die neue Rolle der Medien und 
der medialen Öffentlichkeit. Die Erwartungen des Autors waren nicht ge- 
ring, er forderte zu aktiver Beteiligung und zum Selbstnachdenken auf: 
«Einige allgemeine Umrisse und wohlmeinende Winke mögen vielleicht für 
einstweilen genügen, des Volkes und seiner Lenker Aufmerksamkeit zu 
erregen und zum Selbstnachdenken zu bewegen.» 
Der Verfasser des Sendschreibens gliederte seine allgemeinen Umrisse und 
wohlmeinenden Winke in die Themen Politik, Wirtschaft und Bildung. 
In der Politik herrsche Orientierungslosigkeit. Der neu eingerichtete und aus 
24 Mitgliedern bestehende Landrat beschäftige sich zwar mit der Selbst- 
konstitution. Doch über die Verhandlungen dieser neuen Behörde herrsche 
«ein so ziemlich mysteriöses Dunkel. Die Teilnahme des Volkes an dieser 
Arbeit scheint teilweise erkaltet zu sein.» Worin lagen die Gründe, dass die 
verfassungsmässige Arbeit auf zuwenig Interesse stiess? Der Autor belässt es 
in seiner Analyse nicht bei den wohlmeinenden Winken, sondern schneidet 
tiefer ins Fleisch. Er ortet bezüglich der Verfassung «mannigfaltigste Hemm- 
nisse zur Erstellung und Durchführung einer Organisation». Sowohl für den 
Landrat wie für die Bevölkerung schien es schwierig, Liechtenstein als 
verfassungsmässige Einheit zu begreifen und nicht als Summe der Einzel- 
gemeinden. Die Einigung der Bürger war nicht selbstverständlich: «Bis an- 
hin war es Übung und Sitte, dass Bürger, wenn sie in eine andere Gemeinde 
des Ländchens übersiedelten, dort wie Fremdlinge, wie überseeische Be- 
wohner betrachtet und behandelt wurden. Die Gemeindebürger diktierten 
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