Volltext: Liechtenstein und die Revolution 1848

1851, als Wahl- und Strafgerichtskreise die alten Gerichtsgemeinden ablö- 
sten, dafür entstanden aber auch zahlreiche Kleingemeinden aus den alten 
Nachbarschaften der Gerichte, was aus heutiger Sicht nicht unbedingt als 
Fortschritt zu bewerten ist. Zur Annahme einer neuen Kantonsverfassung 
als unvermeidliche Anpassung an die neue bundesstaatliche Ordnung liess 
sich das Stimmvolk erst Ende 1853 bewegen; die Kantonsverfassung trat 
Anfang 1854 in Kraft. Einzig die Kantonalisierung des Zivilrechts und die 
Neuordnung der Zivilgerichte in 14 Bezirke ging beim Volk 1848 durch. Das 
war immerhin ein grosser Erfolg der Mehrheit des Grossen Rates. Die 
kontinuierliche Weiterentwicklung der Gesetzgebung seit 1815 hatte einer 
allmählichen Umwandlung Graubündens in einen modernen, demokratischen 
Kanton den Weg geebnet, aber erst mit der Verfassung von 1854 gelang es, 
die letzten korporativen Elemente im Abstimmungsverfahren zu beseitigen. 
Andere Unvereinbarkeiten mit der Bundesverfassung — etwa die politischen 
Rechte der Niedergelassenen und die konfessionelle Paritätsklausel — blie- 
ben noch bis in die 80er Jahre bestehen. 
Angesichts der Probleme im übrigen Europa bedeutete die Möglichkeit der 
angestörten Ausgestaltung der staatlichen Ordnung ein unerhörtes Privileg, 
das die Bündner Bevölkerung ihrer Zugehörigkeit zur Schweiz (als Kanton 
Graubünden seit 1803) verdankte. Die offensichtlichen Vorteile der Stellung 
als Schweizer Kanton waren denn auch seit 1815, als noch weite Kreise dem 
alten Freistaat der Drei Bünde nachtrauerten, der Bündner Bevölkerung 
bewusst geworden. Die Phase der Integration Graubündens in die Schwei- 
zerische Eidgenossenschaft war 1848 — nach dem Sonderbundskrieg — ab- 
geschlossen. Graubünden erwies sich in der Folge bei Abstimmungen im 
Rahmen des Bundesstaats bis in die Gegenwart als sehr bundestreu. 
Anmerkungen 
Vom «Untergang» der Alten Eidgenossenschaft als tragisches Naturereignis und der 
Fremdherrschaft und Diktatur Napoleons — auch Teil der Realität von 1798 — war kaum 
mehr die Rede, abgesehen von Einwänden einzelner erzkonservativer eidgenössischer 
Abgeordneter. Das Schwergewicht des Interesses lag bei der Modernisierung der Ver- 
fassung und der Institutionen. 
Zahlreiche Beiträge und didaktische Aktionen — etwa in Form von CD-ROMs — stammen 
von Personen aus dem akademischen Mittelbau, von Lokalhistorikern und von Journa- 
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