Volltext: Liechtenstein und die Revolution 1848

liberalen Kreise und deren Blätter verfolgten mit Anteilnahme den Kampf 
der Revolutionäre gegen den Absolutismus und nahmen die geflohenen 
Verlierer mit Wohlwollen auf, während die Konservativen mit ihrer «Churer 
Zeitung» nur mit Abscheu und Verachtung die Kämpfe kommentierten und 
besonders gegenüber den italienischen Aufständischen eine äusserst feind- 
selige Haltung einnahmen. Diese wurden als Maulhelden und Feiglinge 
dargestellt, die für den Krieg nichts taugten. Preussische und österreichische 
Militärtugenden dagegen fanden die uneingeschränkte Bewunderung der 
«Churer Zeitung»? und mit ihr scheinen manche auch im republikanischen 
Graubünden den Sieg Österreichs in der Lombardei herbeigesehnt zu haben. 
Die «Churer Zeitung» wetterte auch in heftigem Ton gegen die «heillose 
Freischärlerei, welche jezt Seitens der Schweiz in der Lombardei getrieben 
wird und Seitens der in der Schweiz niedergelassenen Deutschen in Deutsch- 
land [...]». Das konservative Blatt forderte dabei die Bündner Regierung 
auf, beim Vorort — wie es die St. Galler Regierung getan habe — zu inter- 
venieren, «um das Mögliche zur Abwendung grosser Gefahren für die gesammte 
Schweiz, besonders aber für Graubünden, zu thun».?* 
Zahlreiche Flüchtlinge suchten um Hilfe und zum Teil auch Asyl nach. 
Graubünden war dabei vor allem Durchgangsgebiet. Es handelte sich meist 
um liberale Aufständische aus Italien, die im Puschlav, Bergell und im 
Münstertal in die Schweiz flüchteten, entwaffnet und vorübergehend inter- 
niert werden mussten. Dies war für den Kanton Graubünden eine äusserst 
schwierige Aufgabe, die nur mit Hilfe der lokalen Autoritäten zu bewältigen 
war. Die Revolution jenseits der Landesgrenze im Süden traf Graubünden in 
einem Moment, da die militärischen Institutionen in jeder Hinsicht noch 
wenig entwickelt waren und staatliche Einrichtungen zur Bewältigung der 
Internierungen fehlten. Als Schweizer Kanton aber erhielt man Unterstüt- 
zung des Bundes, wenn auch der Oberkommandierende der Truppen in 
Graubünden — ein Berner — bei seinem Amtsantritt im April 1848 erst einmal 
die elementarsten geographischen Gegebenheiten kennenlernen musste. Die 
Einzelheiten dieser Vorgänge können uns hier aber nicht beschäftigen.? 
Eine kleine Episode sei noch erwähnt: Am 30. März 1848 regte die Solothur- 
ner Regierung in vorsichtigem Ton an, die Schweiz solle angesichts mög- 
licher künftiger Veränderungen der politischen Verhältnisse in Italien prü- 
fen, ob «nicht Schritte gethan werden sollen, um den Anschluss des Veltlins 
an die Schweizerische Eidgenossenschaft zu bewirken».?® Die Anregung 
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