Volltext: Liechtenstein und die Revolution 1848

zip von Rechtsvielfalt und rechtlicher Ungleichheit beruht hatte, zur moder- 
nen demokratischen Klassengesellschaft auf der Basis von Rechtseinheit 
und Rechtsgleichheit konnte nicht im Laufe weniger Jahre erfolgen. Es 
bedurfte der Reformarbeit von Jahrzehnten, letztlich eines ganzen Jahr- 
hunderts, ehe .das ursprüngliche, im 18. Jahrhundert formulierte, in letzter 
Konsequenz konkret aber damals wohl kaum realisierbare prinzipielle Ziel 
erreicht werden konnte. 
Die Revolutionen des Jahres 1848 stellen, ebenso wie ihr Vorbild und Schreck- 
bild, die grosse Französische Revolution 50 Jahre vor ihnen, nur besonders 
einprägsame und folgenschwere Etappen innerhalb dieses sehr viel länger 
währenden und wirkenden Prozesses dar.*? Dennoch: es beeindruckt die 
Chronik des Sturmjahres durch die Dichte der Ereignisse: 
Bereits in Jänner Unruhen in Mailand, in der Toskana, Aufstände in Sizilien, 
im Februar Unruhen in Bayern, in Baden, am 22. Februar schliesslich in 
Paris die entscheidende revolutionäre Initialzündung, als Regierungstrup- 
pen das Feuer auf Demonstranten eröffnen, welche die Abhaltung eines 
sogenannten Reformbanketts erzwingen hatten wollen. Einen Tag später 
bereits befindet sich ganz Paris im Aufruhr. Am 24. Februar wird die Mo- 
narchie gestürzt und die Republik ausgerufen. Die Nachricht verbreitet 
sich rasch, nicht zuletzt dank neuer technischer Kommunikationsmöglich- 
keiten, wie etwa dem Telegraphen.* 
Am 3. März hält in Pressburg im ungarischen Reichsrat der Abgeordnete 
Lajos Kossuth seine berühmte Rede, in welcher er Freiheit und Selbst- 
bestimmung für Ungarn fordert. Am gleichen Tag formieren sich in Wien 
reformwillige Studenten, erzwingen eine Audienz der Professoren bei Kai- 
ser Ferdinand, überreichen Petitionen für die Aufhebung der Zensur, Bewil- 
ligung von Lehr- und Lernfreiheit, Gleichstellung von Glaubensgemein- 
schaften und die Selbstbewaffnung von Studenten und Bürgern.® 
Am 13. März bricht in Wien, unmittelbar verursacht durch Schüsse auf de- 
monstrierende Ständevertreter und Studenten, der Aufstand aus.” Die Wiener 
Ereignisse haben eine unvorhergesehene Signalwirkung: In den verschiede- 
nen Städten und Ländern des Vielvölkerreichs der Habsburger kommt es zu 
Tumulten und Unruhen, zu Aufständen in Mailand und Venedig und kleine- 
ren oberitalienischen Städten. Sie zielen bereits auf die nationale Befreiung 
von der verhassten österreichischen Fremdherrschaft, der Krieg mit Pie- 
mont/Sardinien ist die Folge.? Die böhmische Nationalbewegung formuliert
	        

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