Volltext: Liechtenstein und die Revolution 1848

Alois’ II. ging an der Realität vorbei. Dass sich 1848 die vormals unterwür- 
fige Haltung der Untertanen gegenüber dem Fürsten geändert hatte, ist am 
selbstbewussten Tonfall mancher Schreiben abzulesen. In Wien gestaltete 
sich die Situation für die Familie Liechtenstein ruhig. Am 16. März 1848 
floh Metternich mit Hilfe Alois’ II., dessen Sohns Rudolf und eines weiteren 
Familienmitglieds nach Feldsberg, reiste von dort wegen des Widerstands 
der Bevölkerung sechs Tage später wieder ab. Der latente Widerstand der 
Bevölkerung stellt die Liechtenstein in eine Reihe mit anderen Grossgrund- 
besitzern, die im Vormärz begonnen hatten, über die Modernisierung ihrer 
Güter nachzudenken. Prinzipiell war Alois II. schon vor 1848 für struktu- 
relle Änderungen seines Herrschaftsbetriebs offen gewesen. 
Paul Vogt widmet sich der Frage, wie sich der Absolutismus in einem 
zunehmend kritischer werdenden Umfeld behaupten konnte, wie die Praxis 
von Herrschaftsausübung, Herrschaftstechn:k und Herrschaftssicherung 
war. Ausgehend von der bekannten Definition Max Webers von Macht und 
Herrschaft, untersucht er die Legitimation der Staatsgewalt, die Institutionen 
(Verwaltung) sowie die Kompetenzen und die Prozesse, die auf den Staat 
und das Staatsverständnis einwirkten. Es zeigt sich, dass in Liechtenstein 
die absolutistische Herrschaft auf dem Glauben an die Rechtmässigkeit der 
hergebrachten staatlichen Ordnung beruhte und auf einer Verwaltung, die 
sich auf die Erfüllung der elementaren Staatsaufgaben beschränkte und rechtlich 
wenig genormt war. Diese Ordnung wurde gewissermassen toleriert, zumal 
die staatliche Gewalt nur in eng umgrenzten Bereichen wirksam wurde. 
Problematisch wurde die Durchsetzung von staatlichem Recht, wenn die 
Akzeptanz fehlte. Am Beispiel Liechtenstein wird deutlich, dass Herrschaft 
nicht (oder nicht allein) auf Zwang beruhen kann, sondern dass die Rol- 
lenverteilung akzeptiert werden muss. 
Alois Ospelt untersucht die wirtschaftlichen Aspekte der Revolution von 
1848 und arbeitet dabei das Ausmass und den Stellenwert der wirtschaft- 
lichen (und gesellschaftlichen) Veränderung durch Grundentlastung und Bau- 
ernbefreiung als wesentliches Element der Revolution heraus. Ausgehend 
von der Darstellung der alten Ordnung, der personalrechtlichen Stellung der 
Bauern, den Formen des Grundbesitzes und seiner Belastung, von herr- 
schaftlichem Prinzip, genossenschaftlichem Element, Grundentlastung und 
Bauernbefreiung, kommt er zum Schluss, dass in Liechtenstein die Bau- 
ernbefreiung zwar gleich wie in Deutschland und Österreich im späten 
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