Die fünf Elemente der nationalen Identität in Liechtenstein
Aus einer ganzen Reihe von Elementen zur Identitätsstiftung haben sich im
Laufe der Gespräche fünf herauskristallisiert, die für die nationale Identität
in Liechtenstein als besonders bedeutend eingestuft werden. An erster Stelle
steht der gemeinsame Dialekt, gefolgt von der Monarchie, der liechtenstei-
nischen Staatsbürgerschaft, der gemeinsamen Geschichte und dem vertrau-
ten sozialen (und räumlichen) Umfeld. Alle diese Elemente tragen bei zu
einer gemeinsamen Identität unter den Liechtensteinerinnen und Liechtenstei-
nern und grenzen sie gegen aussen ab,
Es verwundert nicht, dass der Dialekt als wichtigstes identitätsstiftendes
Element eingestuft wird, ist doch bereits beim ersten Hinhören klar, ob eine
Person als «In-» oder «Outsider» gilt. Wer den Liechtensteiner Dialekt
spricht, wird zumindest im Alltag als Mitglied der liechtensteinischen Ge-
sellschaft angesehen. Die liechtensteinische Staatsbürgerschaft bleibt zwar
nach wie vor das ausschlaggebende, weil rechtlich gestützte Kriterium der
Zugehörigkeit, doch ist diese nur in ganz bestimmten Bereichen oder Situa-
tionen von Bedeutung. Und auch dort wird unterschieden zwischen den
«echten» und den «nicht echten» Liechtensteinerinnen und Liechtensteinern.
Die «Echten» sind zum Beispiel gebürtige Liechtensteinerinnen und Liech-
tensteiner, noch echter, wenn beide Elternteile gebürtige Liechtensteiner
sind, und am «allerechtesten», wenn sie zu den «Ohrenmärklern», zu den
ursprünglichen Gemeindebürgern des Landes gehören. Die «Unechten» sind
zum Beispiel Eingebürgerte, Doppelbürger und Eingeheiratete, solche die
den Dialekt nicht sprechen oder nicht in Liechtenstein wohnhaft sind bezie-
hungsweise es nie waren.
Die Geschichte stiftet nationale Identität durch das «Bewusstsein des glei-
chen Schicksals»,* wie es Arthur Brunhart einmal treffend formulierte, und
ist in Liechtenstein stark verknüpft mit der Monarchie. Diese spielt eine
bedeutende Rolle im Geschichtsverständnis der Liechtensteinerinnen und
Liechtensteiner. Das ansonsten eher lückenhafte Wissen um die eigene Ver-
gangenheit konzentriert sich vor allem auf den Kauf des Landes durch die
Fürsten sowie auf die Zeit um den Zweiten Weltkrieg. Das diplomatische
Geschick von Franz Josef II. sowie die tatkräftige Unterstützung von Fürstin
Gina in dieser Zeit lebt als Mythos bis heute weiter und macht aus der
Monarchie ein Symbol für Schutz, Sicherheit und Beständigkeit. Die Ver-
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