Im gesamten bleiben diese Versuche etwas konfus, eine von Oehri der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften übergebene Abhandlung über
die Gezeiten blieb übrigens unveröffentlicht. In einer Zeit mit grosser Dyn-
amik, einer Epoche des permanenten Strukturwandels in allen Lebensberei-
chen, sucht Oehri Identität in einer diffusen Konstruktion aus neuen natio-
nalen und alten imperialen Ideen.
Für ihn ist die eigene politisch-staatsbürgerliche Identität noch nicht klar. Ist
er Bürger des deutschen Bundes, Bürger Österreichs, in dessen Armee er
dient, oder privater Untertan des österreichischen Kaisers, den er als Tradi-
tionsbewahrer der alten Reichstradition akzeptierte? Dazu tritt die Über-
zeugung von der Unzulänglichkeit der bisherigen theoretischen und meta-
physischen Erklärungsmodelle und der daraus resultierende Versuch, neue
zu finden.
Keinesfalls kann man ihn der nationalen Bewegung zurechnen, auch wenn
er Tendenzen in diese Richtung zeigt. Die betreffenden Ideen Oehri sind im
Zusammenhang mit der Problematik des erst später — das heisst nach 1870/
71 — chauvinistisch und nationalistisch beladenen Reichsbegriffs zu sehen,
der in keiner echten Tradition verwurzelt war und dessen geschichtliche
Begründung immer mehr zugunsten einer geschichtshaltigen Legende verblasste.
An ihre Stelle trat schliesslich der Mythos von Volkstum und Rasse.”?
Die kleine nationalsozialistische Bewegung in Liechtenstein entdeckte Ochri
trotzdem wieder und in einer Nummer des «Umbruchs» findet sich eine
Besprechung seiner Bücher.*®°
Peter Kaiser trat seit 1830 immer wieder mit kleineren historischen Arbeiten
hervor und war auch ansonsten im Rahmen einer sich bildenden breiteren
Beschäftigung mit der Geschichte aktiv. Kaiser fungierte in den 50er Jahren
zeitweise als Präsident der «Geschichtsforschenden Gesellschaft» in Chur
und war an der Quellenedition «Rätiay beteiligt.?!
Kaiser arbeitete zur frühen Geschichte Churrätiens und interessierte sich
auch für das Rätoromanische. Letztlich hat er während seiner eigenen Stu-
dien auch eine tiefere Beschäftigung mit historischen Fächern betrieben
als Oehri.®?
Kaisers Hauptwerk ist die «Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein.
Nebst Schilderungen aus Churrätiens Vorzeit» von 1847. Er schrieb das
Buch für ein breiteres Publikum und machte auch kaum Quellenangaben,
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