Volltext: Öffentliche Aufgabenerfüllung im Kleinstaat

Bildungsausgaben und deren Bestimmungsgründe Gruber (1992, S. 48) beschreibt dies für Österreich folgendermassen: "Schüler und Eltern haben gelernt, die von einem obsoleten Dualismus gekennzeichnete Sekundarstufe I (Hauptschulen beziehungsweise Gymnasien; Anm. d. Verf.) [...] in Wahrnehmung ihrer individuellen Bildungsaspiration umzufunktionieren." Seit 25 Jahren manifestieren sich zwei prototypische Schulkarrieren: In ländlichen Gebieten erfolgt nach dem Hauptschulbesuch der Übertritt in eine BHS236 beziehungs­ weise ein Oberstufenrealgymnasium. In den Städten hingegen drängen die Schüler in die AHS-Unterstufe237 und wählen anschliessend eine BHS oder eine andere Oberstufenform. Dies führt in den Ballungsräumen dazu, dass die AHS-Unterstufe "zur de facto gesamtschulartigen Sekundarstufe I mit einer gewaltigen Bandbreite der Begabten und Bildungsaspiranten geworden ist" (Gru­ ber 1992, S. 49), während die Hauptschulen - mit einem hohen Anteil an Unterschicht- und Gastarbeiterkindern - zu Restschulen verkommen.238 Die Problematik besteht auch in der Schweiz und in Liechtenstein: Viele Schweizer Kantone haben ähnlich wie Liechtenstein in der Sekundarstu­ fe I eine starke Differenzierung in Gymnasium, Realschule und Ober­ schule realisiert, wobei die Oberschule - ähnlich wie die Hauptschule in Österreich - stark unter Druck gerät (ramponierte Reputation, Stigmati­ sierung der Schüler).239 
Die Eltern drängen ihre Kinder möglichst in das Gymnasium oder (zumindest) in die Realschule. Seit Jahren gibt es des­ halb auch in Liechtenstein Bestrebungen, die Real- und Oberschule stär­ ker zu integrieren: Als eine mögliche Variante steht ein kooperatives zwei­ jähriges Sekundarstufenmodell zur Diskussion. Eine Entscheidung wur­ de allerdings noch nicht getroffen (Walch in LVL vom 27. Mai 1997). Was nun die Auswirkung der Schulorganisation auf die Bildungsaus­ gaben betrifft, so dürften diese mit einer stärkeren Ausdifferenzierung der Schulformen tendenziell höher ausfallen, weil unausgelastete Schu­ 236 BHS: Berufsbildende Höhere Schule; AHS: Allgemeinbildende Höhere Schule. 237 Die Volksschulen nehmen auch die Filterfunktion (siehe Punkt 4.5.1) nicht mehr wahr "Dass viele Volksschullehrerinnen angesichts der psychometrischen Unverlässlichkeit einer frühen schulischen Auslese und der massiven AHS-Präferenz der Eltern auf pseudo-'trennscharfe' Zeugnisse verzichten, ist von den AHS-Übertrittsquoten der Zehnjährigen von 60 Prozent und mehr in Wien, Graz und anderen grösseren Städten zu erschliessen." (Gruber 1992, S. 49) 238 In den ländlichen Gebieten ist der Status der Hauptschule noch vergleichsweise gut. 239 Vgl. die Stellungnahmen von William Gerner (Schulinspektor) im LVL vom 14. April 1997 beziehungsweise von Hanspeter Walch (Leiter des Mittel- und Hochschulwesens im Schulamt) im LVL vom 27. Mai 1997. 313
	        

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