Bildung - Ökonomie - Politik von Individuen grundsätzlich zwei unterschiedliche Phasen auf: den Bil- dungsproduktions- und den Bildungsausreifungsprozess.213 Im
Bildungsproduktionsprozess wird Bildung vermittelt und erwor ben. Dabei werden ökonomische Ressourcen (Arbeitskraft, Kapital) gebunden, wobei die Auszubildenden als Teil der einzusetzenden Pro duktionsfaktoren anzusehen sind. Dieser Prozess läuft in eigenen orgar nisatorischen Einheiten wie Schulen, Hochschulen, Weiter^ und Fort bildungsinstitutionen ab. Die darin angebotenen Dienstleistungen wer den von den Auszubildenden in Anspruch genommen, zum Teil auch nachgefragt, wobei häufig die Eltern bei den Entscheidungen Stellvertre terfunktionen einnehmen. Die Finanzierung erfolgt über öffentliche Haushalte oder über die Auszubildenden beziehungsweise deren Eltern. Die zweite Perspektive, die
Bildungsausreifungsphase, rückt die Ge schehnisse nach Abschluss der organisierten Bildungsprozesse in den Mittelpunkt. Die beiden Phasen, die Produktions- und die Ausreifungs phase, sind in Wirklichkeit kaum voneinander zu trennen: Zum einen bauen verschiedene Bildungsabschnitte aufeinander auf, wobei die Aus reifungsphase der früheren Abschnitte bereits in weiterführenden Schu len beginnt (Qualität der Sekundärschulen tangiert Hochschulen), zum anderen erfolgen auch im Erwerbsleben umfangreiche nachschulische Bildungsinvestitionen (Stichwort: Leben = Lernen!), die sich häufig auch in vorübergehenden Einkommensverzichten niederschlagen. Welche Beziehungen zwischen diesen beiden Phasen existieren, dar über gibt es in der Bildungsökonomik kontroverse Ansichten. Der so genannte
Humankapital-Ansatz stellt den Kosten der Bildung deren Nutzen systematisch gegenüber. Die zentrale Frage lautet also, ob sich Investitionen in das Humankapital aus individueller beziehungsweise gesamtwirtschaftlicher. Sicht durch spätere Erträge (höhere Löhne be ziehungsweise höheres Wachstum, Edding 1980a) rechtfertigen. Die positive Korrelation zwischen Ausbildungsabschlüssen und spä terem Einkommen ist empirisch eindeutig. Von den Verfechtern der Screening-Hypothese wird jedoch der vom Humankapital-Ansatz un terstellte
kausale Zusammenhang heftig bestritten. Vielmehr üben Bil dungprozesse eine Filterfunktion (Arrow 1973, Stiglitz 1975) aus: Die Erreichung bestimmter Ausbildungsabschlüsse (Auszeichnungen, No 213 Dieser Abschnitt orientiert sich schwerpunktmässig an den Ausführungen von Lüdeke (1993, S. 156 ff.). 303