Volltext: Öffentliche Aufgabenerfüllung im Kleinstaat

Fallstudien zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in Liechtenstein 4.4.2 Zur Entwicklung der Krankenversicherung in Liechtenstein Obwohl es bis zum Erlass der Gewerbeordnung von 1910 keine gesetz­ lichen Vorschriften im Krankenversicherungsbereich gab, wurden auf Initiative einiger Fabrikbesitzer bereits in den siebziger Jahren des letz­ ten Jahrhunderts bescheidene Betriebskrankenkassen eingerichtet.183 Im Jahr 1894 war es überdies zur Gründung eines Allgemeinen Kranken- Unterstützungs-Vereines für das Fürstentum Liechtenstein gekommen. Diese Kasse ermöglichte auch breiteren Bevölkerungskreisen ausserhalb der Fabrikarbeiterschaft den Zugang zur Krankenversicherung.184 Die im Rahmen der Gewerbeordnung von 1910 erlassenen Vorschriften brachten bedeutende Verbesserungen des Versicherungsschutzes: Es be­ stand nunmehr ein generelles Obligatorium für alle Arbeitnehmer.185 Aller­ dings scheiterte in der Folge die Durchsetzung des Obligatoriums im Klein­ gewerbe: 1915 wurde die KV-Pflicht auf Fabrikarbeiter eingeschränkt. Zwar ist die Krankenversicherung ausdrücklich im Sozialversiche­ rungsartikel der Verfassung von 1921 verankert worden, doch resultier­ ten daraus keine weiteren gesetzlichen Schritte. Einzig das private Krankenversicherungswesen wurde - mit (bescheidenen) staatlichen Subventionen unterstützt - ausgebaut. Die Liechtensteinische Kranken­ kasse zählte nicht mehr als 700 Mitglieder.186 Nach einigen kleineren Änderungen während und nach dem Zweiten Weltkrieg kam es Anfang der sechziger Jahre zu Ausweitungen: 1960 wur­ den die Arbeitskräfte in der Land- und Hauswirtschaft dem Krankenver- sicherungsobligatorium unterstellt.187 Ab dem Jahr 1962 hatten alle liech­ 183 Die folgenden Ausführungen orientieren sich an Hoch (1991, S. 37 ff.). 184 Die Mitgliederzahl des Vereines stieg im Jahr 1897 bereits über 200 und kletterte dann bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs auf knapp 600; damit übertraf sie sehr bald die­ jenige der Betriebskrankenkassen. 185 Als Mindestleistungen hatte die Krankenversicherung neben sämtlichen Pflegekosten auch ein Krankengeld in der Höhe von 50 Prozent des Lohnausfalls während maximal 20 Wochen zu bezahlen. Wöchnerinnen erhielten das Krankengeld während vier Wo­ chen nach der Geburt. Schliesslich sah das Gesetz auch ein Begräbnisgeld von minde­ stens 40 Kronen vor. 186 Die LKK ging aus dem Allgemeinen Krankenunterstützungsverein hervor. Im Jahr 1925 wurde mit der Gemeindekrankenkasse Balzers eine zweite liechtensteinische Nichtbetriebskrankenkasse gegründet. In den dreissiger Jahren wurden auch erstmals Sektionen schweizerischer Krankenkassen in Liechtenstein tätig. 187 Gesetz betreffend die Kranken- und Unfallversicherung in der Land- und Hauswirt­ schaft sowie Änderung von Bestimmungen über die Versicherung gegen Nichtbetriebs- unfälle, LGB1 Nr. 1960/21. 290
	        

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