Volltext: Wer gestaltet die Welt von morgen?

Das Wort von der Ersatzreligion «Umweltschutz» ist auch teil- weise nicht ohne Grund gefallen. Die Flucht in ein heiles «Traum- land der Natur» mutet wie die Flucht aus der Realität unsererZeit an. Die Erinnerung daran, daß jeder Mensch für sich genommen, und zwar vom Anfang der Menschheitsgeschichte und nicht erst in unseren Tagen, ein Umweltverschmutzer ist, sollte doch geeignet sein, unangebrachte Schwärmereien wieder abflachen zu lassen. Betrachtet man Abwasser als etwas Abstraktes, an dessen Zu- standekommen nur die anderen beteiligt sind, muß das Umwelt- bild schief werden. Sieht man hingegen z.B. eine Müllhalde als etwas an, zu dessen Entstehen man selbst nicht unbeachtlich beigetragen hat, stellen sich die richtigen Relationen wieder ein. Was ich damit sagen will: Umweltschutz ist realistisch zu betrei- ben, ist kein Thema des «Alles oder Nichts». Mit der Tatsache, daß es in der Industriegesellschaft praktisch unmöglich ist, Was- ser und Luft absolut reinzuhalten, und alle Abfallstoffe so zu be- seitigen, daß auch nicht die geringste Belästigung auftritt, müs- sen wir uns einfach abfinden. Wer an den sterilen Grad der Sau- berkeit in der Umwelt glaubt, läuft heute einer Utopie nach. Anderseits darf kein Zweifel bestehen, daß der heutige Zustand der Umwelt so nicht bleiben kann und darf, wenn nicht einer Ent- wicklung ihren Lauf gelassen werden soll, die in Jahrzehnten entweder überhaupt nicht mehr oder nur unter ungleich höheren Kosten als heute korrigiert werden kann. Deshalb müssen wir sehr achtsam sein auf das, was uns als «ver- tretbar» und mit einem Seitenblick auf den Profit als «zumutbar» erklärt wird. Eine 
umfassende Bewußtseinsbildung in allen Bereichen erachte ich deshalb als das wichtigste Moment im ganzen Umweltschutz. Die erkannte Gefahr ist nur mehr die halbe Gefahr. Die Liechten- steinische Gesellschaft für Umweltschutz ist deshalb der Auf- fassung, daß notwendige Maßnahmen im Bereiche des Umwelt- schutzes mehr und mehr bewußt gemacht werden müssen, und zwar so, daß nicht jedermann dafür ist, solange es ihn selbst nicht betrifft. Die Lösung der Probleme der Umweltverunreinigung im weitesten Sinne ist nicht die Aufgabe einzelner, sondern eine gemeinschaftsbezogene Gesamtaufgabe der Menschheit, d.h. jedermann wird getroffen und muß für den Schutz unserer Um- welt bezahlen. Die Aufklärungsarbeit muß deshalb beim Sozial- verhalten des Einzelnen beginnen, wobei insbesondere die Ju- gend angesprochen bleibt, wenn sie nicht ihr ganzes Leben in einer geschädigten Umwelt verbringen soll. Langfristig gesehen erfordert der Umweltschutz weit mehr als andere Aktivitäten das Engagement aller. Bewußtseinsbildung zu treiben kann nicht das Hobby versprengter Einzelner sein. Vor allem die Schule ist in diesem Zusammenhang mit einem neuen, eminent wichtigen Auftrag konfrontiert. Die Einsicht, daß die natürlichen Lebensbedingungen, auf die der Mensch ersatzlos angewiesen ist, nicht unbeschränkt zur Verfügung stehen und nicht unbegrenzt verbraucht und miß- braucht werden können, muß wachsen, muß sich in entspre- chende Verhaltensweisen niederschlagen — in Politik und Wirt- schaft, in der Erziehung und vor allem bei jedem einzelnen.
	        

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