Volltext: Gutachten über den Zollanschluss Liechtensteins an die Schweiz

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tiv hohe landwirtschaftliche Schutzzölle, die vom 
liechtensteinischen Exporteur getragen werden 
müssen, da er auf vie Ausfuhr angewiesen ist. 
So ist denn Liechtenstein Heidseitig isoliert 
und in der Entfaltung seiner «wirtschaftlichen 
Kräfte und 'damit in seiner Erstarkung in ho 
hem Grade gehemmt. Kann es diese Hem 
mungen unter Beibehaltung feiner zollpoliti 
schen Selbständigkeit beseitigen? Welche Wege 
stehen Liechtenstein offen, wenn es zollpolitisch 
selbständig bleiben will? Theoretisch denkbar 
ist die Proklamation Liechtensteins als Frei 
handelsgebiet. Das Land läßt alle Wa 
ren ohne Grenzzölle über seine Marken. Es 
versucht sich von den bisherigen schweizerischen 
Bezugsquellen zu emanzipieren, um keinen 
Schweizerzoll zu bezahlen und kauft direkt bei 
den billigsten Bezugsquellen ein. Diese Lösung 
der Frage widerspricht sowohl den volks 
wirtschaftlichen wie staatswirtschaftlichen 
Bedürfnissen Liechtensteins. Zunächst den 
volkswirtschaftlichen. Die Zollpolitik 
eines Landes muß dessen wirtschaftliche Kräfte 
entwickeln. Der Frechandel würde in Liechten 
stein diese Kräfte eher zurückbinden. Das Ge 
werbe würde eine vermehrte Konkurrenz frem 
der Gebrauchsartikel erhalten. Dàrch würde 
der Verdienst gedrückt. Gewiß würden auf der 
andern Seite manche Nahrungsmittel billiger 
ins Land kommen. Die Kosten der Lebens 
haltung würden sich etwas senken können. Al 
lein das ist nicht das Maßgebende. Viel wichti 
ger ist, daß die liechtensteinischen Exportwaren 
zu besseren Preisen als bisher verkauft werden 
können. Es würde aber auch nicht ein einziges 
Land dem als Konsumenten so wenig in Be 
tracht fallenden Wirtschaftsgebiete Liechtenstein 
deswegen Konzessionen in der Erleichterung der 
Einfuhr von Weh, Wein, Holz usw. gewähren, 
weil Liechtenstein keinerlei Zölle auf Einfuhr 
artikel des betreffenden Staates erhebt. Eine 
Exportförderung erwüchse einem freihändleri- 
schen Liechtenstein nicht. Gerade aus diesen: 
Grund« würde der Freihandel Liechtenstein 
nicht das Aufblühen neuer Fabriken vermitteln 
können. Die Schwierigkeiten des Fremdenver 
kehrs liegen nicht in den liechtensteini 
schen Zollmaßnahmen, sondern in jenen der 
umgebenden Staaten, die wegen des liechten 
steinischen Freihandels feine Aenderung erfah 
ren würden. — Neben den volkswirtschaftlichen 
Interessen sprechen gegen den Freihandel auch 
die Finanzbedürsnisse des Staates. 
Liechtenstein ist auf die Zollerträgnisse angewie 
sen. Es bedarf zur Sanierung seiner Finanzen, 
zur Erhöhung des Kredites und zur Förderung 
volkswirtschaftlicher Interessen einer Kontinui 
tät seiner Einnahmen. Fließen diese nicht aus 
Zöllen, so -müssen sie auf anderem Wege, dem 
der Erhöhung der Steuern und Ab 
gabe.», beschafft werden. Im gegenwärtigen 
Zeitpunkte ist aber daran nicht zu denken. — 
Aus den gleichen Gründen, wie die Prokla 
mation Liechtensteins als Freihandelsgebiet, 
wird die Idee von Liechtenstein als „freie 
Zone" hinfällig. Als Anschlußgebiet käme nur 
die Schweiz in Frage. Die Uebelstände bei 
der Einfuhr von Schweizerwaren, die wir oben 
erwähnten, bleiben bestehen, selbst für den Fall, 
daß die Schweiz Liechtenstein als freie Zone 
wollte. Letzteres ist aber höchst fraglich. Denn 
die Interessen für Liechtenstein als freie Zone 
liegen doch vorwiegend bei Liechtenstein. Man 
würde vergebens nach Gründen suchen, welche 
die Schweiz bewegen könnten, nach der Seite 
Liechtensteins hin neues Hinterland zu suchen. 
So bleibt denn schließlich noch die Frage 
offen, ob Liechtenstein auf dem bereits beschritte- 
nen Wege weiter gehen, d. h. einen eigenen 
Zolltarif beibehalten und ausbauen und als 
selbständiges Zollgebiet neben an 
dere treten könnte. In erster Linie müßte als 
dann der -gegenwärtige Zolltarif revidiert wer 
den. Es ist von volkswirtschaftlichen Gesichts 
punkten aus wenig durchdacht und vom fis 
kalischen Standpunkte aus betrachtet zu wenig 
ergiebig. Es wäre die Frage zu prüfen, ob 
eventuell einfach der schweizerische Gebrauchs 
traf adoptiert werden könnte. Ohne Zweifel 
wäre er für das Land weit ergiebiger. Allein 
es müßte auch an eine weit gründlichere Zoll 
behandlung und Zollbewachung gedacht wer 
den, was eine wesentliche Vermehrung der Zoll 
regiekosten mit sich bringen würde. Was wäre 
aber mit der Konstituierung bezw. Schaffung 
Liechtensteins als selbständiges Zollgebiet ge 
wonnen? Ostenbar bliebe der heute so störende 
Zustand, daß das Land nach allen Richtungen 
hin auf Zollgrenzen stößt, nach wie vor be 
stehen. Der Export würde so wenig gefördert 
werden können, wie benachbartes Gebiet der 
Arbeitsgelegenheit erschlossen würde. Für die 
Entwicklung der Industrie und des Verkehrs 
wäre der Zustand noch hinderlicher, als er heute 
bei etwas laxerer Zollbehamdlung und Grenz 
bewachung ist. Es ist auch daran zu erinnern, 
daß die Kosten der Zvllregie und der ständigen 
Ueberwachung und Behandlung der ganzen 
Handelspolitik unverhältnismäßig groß werden 
müßten. Außerdem würden, obschon die Inte
	        

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