Volltext: Gutachten über den Zollanschluss Liechtensteins an die Schweiz

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Kontrolle und Besteuerung sollen auf die 
ganze einheimische Produktion übertragen wer 
den. Die privaten Brenner müßten ihre Pro 
duktion der Alloholverwaltung abliefern. Um 
den bäuerlichen Interessen Rechnung zu tragen, 
würde der Bund dem einheimischen Produzen 
ten die Verwertung Mer brennbaren Stoffe, 
die Leine andere Verwendung finden könnten, 
zu einem angemessenen Preise sichern, Um die 
Produktion von Branntwein nicht übermäßig 
auszudehnen, würde versucht, die Verwendung 
von Obst im Haushalt zu vermehren. Ein Teil 
der -Obstbranntweine würde in Industrie-Sprit 
umgewandelt, der jedoch mit Verlust verkauft 
werden müßte. Die Verluste würden gedeckt 
durch die auf dem Trinksprit erzielten Gewinne. 
In der Abstimmung vom 3. Juni nächsthin 
wird sich das Schweizer Volk über den Grund 
satz der Ausdehnung des Alkoholmonopols aus 
sprechen und aller Voraussicht nach ihr zustim 
men. 
Der Vertrag sieht eine Beitragspflicht des 
Bundes an Liechtenstein aus dem Alkoholmono- 
pol nicht vor, sodaß das Land nur soweit von 
Nutzen des bestehenden und eines event, künf 
tigen Gesetzes profitiert, als die Bekämpfung 
des Alkoholismus auch Liechtenstein zu gut 
kommt. In wieweit eine Belastung Liechten 
steins durch diese Form der Verbrauchssteuer 
eintritt, kann mangels der nötigen Angaben 
nicht gesagt werden. Es ist Mer darauf auf 
merksam zu machen, daß der Liechtensteinischen 
Landwirtschaft direkt und indirekt 
Vorteile aus dem Alkoholmonopol 
ent st ehen werden. Zu wiederholten Ma 
len, namentlich im Jahre 1922, hat das Alkohol 
monopol gegenüber den brennbaren Produkten 
preis haltend gewirkt, was indirekt in Zu 
kunft in Form einer gewissen Preisgarantie auch 
günstigen Einfluß auf die Liechtensteinische Pro 
duktion haben wird. Direkt erwächst der 
Liechtensteinischen Landwirtschaft nicht nur ein 
neuer Abnehmer, sondern es scheint uns ge 
wissermaßen auch ein Rechtsanspruch der 
Liechtensteinischen Produzenten auf die Ab 
nahme einschlägiger Produkte zu 
erstehen in einem Umfange, der zur jewei 
ligen Abnahme schweizerischer Produkte im Ver 
hältnis ist. 
d) Das Bundesgesetz über die Stempel- 
abgaben und die sog. Coupon st euer 
soll für Liechtenstein ebenfalls Gesetzeskraft er 
langen. Eine Einschränkung sieht der Vertrag, 
bezw. das Schloßprotokoll desselben insoweit vor. 
als darüber Einverständnis besteht, daß Liechten 
stein in den Fällen, in welchen es vor dem 27. 
Januar 1923 entgegenstehende Zusagen gemacht 
hatte, diese einhalten kann. 
Eine gewisse allgemein« Bedeutung erhält 
das Gesetz durch den Stempel auf Frachturkun 
den im Gepäck-, Tier- und Güterverkehr mit 
Ausnahme der Transitsendun gen. Der Abgabe - 
satz mit 10 Cts. ist gering. Ferner sind von all 
gemeinem Interesse auch die Abgaben auf Prä- 
mienguittungen, die Mer weder Kranken-, noch 
Arbeitslosenversicherung, noch auch Rückver 
sicherung u. die landwirtschaftliche Versicherung 
betreffen. Auch die Unfallversicherung bei der 
Schweiz. Unfallversicherungsanstalt in Luzern 
ist nicht abgabepflichtig. Richt pflichtig ist end 
lich die Versicherung öffentlicher Angestellter und 
privater, soweit eigene Vevsicherungskafsen vor 
liegen. Pflichtig siM die Lebensversicherung 
mit 'A Prozent der Barprämie, in gleicher Höhe 
auch die Transportversicherung: die Immobiliar 
versicherung (inkl. Brandchomage- und Mietver 
lustversicherung) mit 5 Cts. per 1000 Fr. Versiche 
rungssumme, die Mobiliaroersicherung mit 
10 Cts. vom Tausend der Versicherungssumme 
und alle übrigen Versicherungszweize mit 
5 Prozent der Barprämie. Von einer ernst 
lich ins Gewicht fallenden Belastung kann nicht 
die Rede sein. 
Wichtig ist bei der Beurteilung der Trag 
weite dieser Gesetzgebung, daß — obwohl dies 
nirgends expressis verbis ausgedrückt ist — 
nach Art. 6 des Vertrages Liechtenstein die 
gleiche Rechtsstellung zukommt, wie den schwei 
zerischen Kantonen. Es kommt somit Obliga 
tionenanleihen des LaMes, wie event, der Ge 
meinden ohne weiteres die gleiche Behandlung 
zu, wie den schweizerischen, d. h. sie unterliegen 
der Abgabe nicht. Liechtensteinische private 
Emissionen werden als schweizerische behandelt, 
wie überhaupt dem Liechtensteiner hinsichtlich 
des Gesetzes die gleiche Rechtsstellung zukommen 
wird, wie dem Schweizer. 
r) D i e Fabrikgesetzgebung der 
Schweiz soll nach dem Vertrage inskünftig auch 
für das Gebiet des Fürstentums Liechtensteins 
gelten. Die wesentlichste Neuerung, welche durch 
die Adoption der Schweiz. Fabrikgesetzgebung 
für die Fabrikarbeiterverhältnisse in Liechten 
stein entstehen wird, ist die Einführung des 
Achtstundentages. Der Achtstundentag 
darf für Liechtenstein so ziemlich als den dortigen 
Verhältnissen fremd bezeichnet werden. Er Hai 
seine Gefahren namentlich da, wo die Arbeiter 
schaft, von der Scholle vollständig losgelöst, die 
Freizeit produktiv nicht ausnützen kann. Dort 
wirkt die so verkürzte Arbeitszeit vielfach kon 
sumsteigernd. Damit werden leicht die Ansprüche
	        

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