15
Kriegssteuerung die Zollsätze relativ an Be
deutung gewaltig eingebüßt hatte. Solange
die Preise nicht stabilisiert sind, hat die An
führung von bloßen Zollansätzen keinen großen
Wert, da die Belastung von heute aus morgen
schon eine andere sein kann.
Liechtenstein hat ein großes Interesse an
der möglichst freien Einfuhr von Rohstoffen
und Halbfabrikaten für die Landwirtschaft und
das Gewerbe und an einem ausgiebigen Zoll
schutz landwirtschaftlicher und kleingewerblicher
Erzeugnisse. Wie steht es in dieser Hinsicht mit
der schweizerischen Zollpolitik?
Man beachte folgende Zahlen, die auf den
sorgfältigen Reichlinschen Berechnungen be
ruhen.
Einfuhrbelasiung landwirtschaftlicher u. gewerb
licher Rohstoffe und Halbfabrikate 1907/1913.
in Prozent des Durchschnittswertes der Einfuhr.
Düngstoffe 0.78
Futtermittel (ohne Futtermehl) . —.—
Futtermehl 0.02
Streuemittel, Sämereien . . . 0.03
Tierische Stoffe: Häute, Felle, Federn rc. 0.18
Oele, Fette zu gow. Gebrauch . 1.15
Bau- und Nutzholz, roh und behauen . 2.19
Kies, Sand, Pflaster-, Bruch- und Hau-
Steine 1.82
Lehm, Ton usw., Bindemittel . 4.56
Brennstoffe 0.01
Halbfabrikate:
Balken, Bretter, Schwellen . 6.15
Steinplatten, Steinhauerarbeiten, Ze
mentplatten . , . . . 6.97
Schiefer, Ziegel, Backsteine, Tonplatten,
Rohglas, Fensterglas usw. . 18.73
Stabeisen, Blech, Draht, Röhren . . 4.51
Schlosser- und Spenglerwaren, Eisen
möbel, Oefen 13.30
Landwirtschaftliche u. Gartenwerkzeuge 5.00
Gewerbliche Werkzeuge .... 6.80
Einige untergeordnete landwirtschaftliche
Produktionsmittel .... 8.00
Es mag gewagt erscheinen, auf Grund von
Belastungsrechnungen, die 10 Jahre zurücklie
gen, und auf einen inzwischen revidierten Tarif
zurückzugehen, die Zollpolitik eines Landes zu
beurteilen. Allein es bleibt infolge der außer
ordentlichen Umstände nun einmal kein anderer
Weg, und er ist — wie betont — gangbar, weil
der neue, jetzt in Kraft stehende Gebrauchs
tarif, von wemgen Ausnahmen abgesehen, jeder
Position nur den Zollschutz gewähren wollte,
wie er den neuen Preisverhältnissen angemessen
war.
Daß durch die Revision des Zolltarifes von
1921 die Grundlagen der Zollpolitik nicht etwa
in einer Weise verändert worden sind, welche die
Interessen der liechtensteinischen Bevölkerung
gefährden würden, geht aus folgenden Berech
nungen hervor, die auf amtlichem Mate
rial beruhen.
Es betrug die prozentuale Bela
stung für:
nach Tarif
1806 1921
Stoffe der Landwirtschaft (ohne
Bieh) 1,12 1,51
Stoffe der Industrie . . 2,31 1,69
Stoffe des nötigen Lebensbedar
fes (ohne Genußmittel) . . 7,01 10,21
Luxusgegenstände . . 4,53 12,37
Konsumfertige Nahrungsmittel 6,06 8,67
Schuhwerk .... 8,92 16,01
Wohnungsbau .... 11,21 15,21
Wohnungsausstattung . . 10,41 15,46
Nach dieser Aufstellung sind wesentliche Ver
änderungen im Sinne eines verschärften Zoll
schutzes in erster Linie bei den Luxusgegenstän
den eingetreten. An zweiter Stelle stehen dann
die Schuhwaren und unter den Stoffen des täg
lichen Lebensbedarfes offensichtlich auch Kleider.
Auch Wohnungsbau und Wohnungsausstattung
haben Veränderungen nach oben erfahren. Land
wirtschaftliche Stoffe bleiben fast unverändert,
industrielle Rohstoffe sind erleichtert. Es sei aber
darauf aufmerksam gemacht, daß infolge teil-
weiser Preissteigerung seit 1921 heute die Be
lastungsquoten durchschnittlich wieder jenen von
1906 näher gekommen sind.
Betrachten wir die vorstehenden Zahlen, so
kommen wir zu folgenden Schlüssen:
Die Einfuhrbelastung der landwirt
schaftlichen Rohstoffe ist sozusagen gleich Null.
Einigermaßen in Betracht kommen bei den ge
werblichen Rohstoffen nur Bau- und Nutzholz,
sowie Lehm, Ton usw. Bindemittel. Soweit
man von einer Belastung sprechen kann, trifft
sie nur das Baugewerbe und zwar z. T. gerade
in Artikeln, in denen die liechtensteinische Lan
desproduktion auch einen gewissen Vorteil
erreichen kann. Bei den Halbfabrikaten sehen