Volltext: Gutachten über den Zollanschluss Liechtensteins an die Schweiz

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Kriegssteuerung die Zollsätze relativ an Be 
deutung gewaltig eingebüßt hatte. Solange 
die Preise nicht stabilisiert sind, hat die An 
führung von bloßen Zollansätzen keinen großen 
Wert, da die Belastung von heute aus morgen 
schon eine andere sein kann. 
Liechtenstein hat ein großes Interesse an 
der möglichst freien Einfuhr von Rohstoffen 
und Halbfabrikaten für die Landwirtschaft und 
das Gewerbe und an einem ausgiebigen Zoll 
schutz landwirtschaftlicher und kleingewerblicher 
Erzeugnisse. Wie steht es in dieser Hinsicht mit 
der schweizerischen Zollpolitik? 
Man beachte folgende Zahlen, die auf den 
sorgfältigen Reichlinschen Berechnungen be 
ruhen. 
Einfuhrbelasiung landwirtschaftlicher u. gewerb 
licher Rohstoffe und Halbfabrikate 1907/1913. 
in Prozent des Durchschnittswertes der Einfuhr. 
Düngstoffe 0.78 
Futtermittel (ohne Futtermehl) . —.— 
Futtermehl 0.02 
Streuemittel, Sämereien . . . 0.03 
Tierische Stoffe: Häute, Felle, Federn rc. 0.18 
Oele, Fette zu gow. Gebrauch . 1.15 
Bau- und Nutzholz, roh und behauen . 2.19 
Kies, Sand, Pflaster-, Bruch- und Hau- 
Steine 1.82 
Lehm, Ton usw., Bindemittel . 4.56 
Brennstoffe 0.01 
Halbfabrikate: 
Balken, Bretter, Schwellen . 6.15 
Steinplatten, Steinhauerarbeiten, Ze 
mentplatten . , . . . 6.97 
Schiefer, Ziegel, Backsteine, Tonplatten, 
Rohglas, Fensterglas usw. . 18.73 
Stabeisen, Blech, Draht, Röhren . . 4.51 
Schlosser- und Spenglerwaren, Eisen 
möbel, Oefen 13.30 
Landwirtschaftliche u. Gartenwerkzeuge 5.00 
Gewerbliche Werkzeuge .... 6.80 
Einige untergeordnete landwirtschaftliche 
Produktionsmittel .... 8.00 
Es mag gewagt erscheinen, auf Grund von 
Belastungsrechnungen, die 10 Jahre zurücklie 
gen, und auf einen inzwischen revidierten Tarif 
zurückzugehen, die Zollpolitik eines Landes zu 
beurteilen. Allein es bleibt infolge der außer 
ordentlichen Umstände nun einmal kein anderer 
Weg, und er ist — wie betont — gangbar, weil 
der neue, jetzt in Kraft stehende Gebrauchs 
tarif, von wemgen Ausnahmen abgesehen, jeder 
Position nur den Zollschutz gewähren wollte, 
wie er den neuen Preisverhältnissen angemessen 
war. 
Daß durch die Revision des Zolltarifes von 
1921 die Grundlagen der Zollpolitik nicht etwa 
in einer Weise verändert worden sind, welche die 
Interessen der liechtensteinischen Bevölkerung 
gefährden würden, geht aus folgenden Berech 
nungen hervor, die auf amtlichem Mate 
rial beruhen. 
Es betrug die prozentuale Bela 
stung für: 
nach Tarif 
1806 1921 
Stoffe der Landwirtschaft (ohne 
Bieh) 1,12 1,51 
Stoffe der Industrie . . 2,31 1,69 
Stoffe des nötigen Lebensbedar 
fes (ohne Genußmittel) . . 7,01 10,21 
Luxusgegenstände . . 4,53 12,37 
Konsumfertige Nahrungsmittel 6,06 8,67 
Schuhwerk .... 8,92 16,01 
Wohnungsbau .... 11,21 15,21 
Wohnungsausstattung . . 10,41 15,46 
Nach dieser Aufstellung sind wesentliche Ver 
änderungen im Sinne eines verschärften Zoll 
schutzes in erster Linie bei den Luxusgegenstän 
den eingetreten. An zweiter Stelle stehen dann 
die Schuhwaren und unter den Stoffen des täg 
lichen Lebensbedarfes offensichtlich auch Kleider. 
Auch Wohnungsbau und Wohnungsausstattung 
haben Veränderungen nach oben erfahren. Land 
wirtschaftliche Stoffe bleiben fast unverändert, 
industrielle Rohstoffe sind erleichtert. Es sei aber 
darauf aufmerksam gemacht, daß infolge teil- 
weiser Preissteigerung seit 1921 heute die Be 
lastungsquoten durchschnittlich wieder jenen von 
1906 näher gekommen sind. 
Betrachten wir die vorstehenden Zahlen, so 
kommen wir zu folgenden Schlüssen: 
Die Einfuhrbelastung der landwirt 
schaftlichen Rohstoffe ist sozusagen gleich Null. 
Einigermaßen in Betracht kommen bei den ge 
werblichen Rohstoffen nur Bau- und Nutzholz, 
sowie Lehm, Ton usw. Bindemittel. Soweit 
man von einer Belastung sprechen kann, trifft 
sie nur das Baugewerbe und zwar z. T. gerade 
in Artikeln, in denen die liechtensteinische Lan 
desproduktion auch einen gewissen Vorteil 
erreichen kann. Bei den Halbfabrikaten sehen
	        

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