Volltext: Staat und Kirche

Staat und Kirche in Liechtenstein 4. Weiterentwicklung der staatskirchenrechtlichen Ordnung 4.1 Ausgangslage Seit 1921 bestimmt im wesentlichen Art. 37 der Verfassung das Staatskir­ chenrecht. Dazu kommt, dass nach neuesten statistischen Angaben117 nach wie vor die überwiegende Mehrheit der liechtensteinischen Bevöl­ kerung der römisch-katholischen Religion angehört. Wenn man auch unter diesem Blickwinkel von statischen Verhältnissen sprechen könn­ te,118 ist doch nicht zu übersehen, dass auch in Liechtenstein ein Wandel in den religiösen und weltanschaulichen Vorstellungen eingetreten ist. Die Gesellschaft ist säkularer und pluralistischer geworden. Auch die römisch-katholische Kirche selbst ist in gewisser Weise auf «Distanz» zum Staat gegangen. Hat sie sich bis herauf in die 70er Jahre als einzige religiös-moralische Instanz verstanden und ihre Position gegenüber dem Staate durchgesetzt,119 nimmt sie heute von einer solchen Haltung mehr 117 Laut Wohnbevölkerungsstatistik des Fürstentums Liechtenstein/Amt für Volkswirt­ schaft vom 31. Dezember 1997, S. 105, teilt sich die Wohnbevölkerung von 31'320 Per­ sonen wie folgt auf die Konfessionen auf: anglikanisch: 18; Bahai: 12; buddhistisch: 40; evangelisch: 2'279; islamisch: 1'074; jüdisch: 13; neuapostolisch: 12; orthodox: 223; rö- misch-katholisch: 24'962; Zeugen Jehovas: 31; andere Religionen: 2; ohne Religion: 202; ohne Angaben: 2'452. 118 Ein Beispiel neben anderen ist dafür die staatliche Feiertagsregelung. Denn die staatlich anerkannten Feiertage (Art. 19 Abs. 2 LV) sind fast ausnahmslos - mit Gesetz vom 22. Dezember 1969 über die Abänderung des Arbeitsgesetzes, LGB1. 1970 Nr. 10, LR 822.10, wurde der 1. Mai als «gesetzlicher» Feiertag, der den Sonntagen «gleichzu­ stellen» ist, eingeführt - konfessionell motiviert. Der Gesetzgeber sucht nach wie vor den religiösen Bedürfnissen der überwiegend katholischen Bevölkerung Rechnung zu tragen und orientiert sich dementsprechend an der Feiertagsordnung der römisch­ katholischen Kirche. Siehe dazu die Wiedereinführung des 8. September «Maria Geburt» als gesetzlichen Feiertag mit Gesetz vom 12. November 1986 betreffend die Abänderung des Arbeitsgesetzes, LGB1. 1986 Nr. 85. Darüber gibt das Landtagsproto­ koll 1986, Bd. I, S. 139 ff. und Bd. III, S. 406 ff. Aufschluss. Informativ ist auch die Stellungnahme der Regierung vom 28. Oktober 1986 zu den anlässlich der ersten Le­ sung im Landtag aufgeworfenen Fragen (als Beilage zur Landtagssitzung vom 12. No­ vember 1986; Landtagsprotokoll 1986, Bd. III, im Anschluss an S. 578 angeheftet), die einen Überblick über die staatlich anerkannten Feiertage sowie die kirchlichen Feier­ tage, die in gebotene Feiertage und nicht gebotene Feiertage unterteilt werden, vermit­ telt. Staatlich anerkannte, nicht aber gesetzlich festgelegte katholische Feiertage sind «Maria Lichtmess» (2. Februar) und Josefstag (19. März). 119 Vgl. als markante Beispiele das Schulgesetz vom 9. November 1929 in den Art. 2 und 50, LGB1. 1929 Nr. 13 (vorne Fn 13) sowie die Ehegesetzgebung (vorne Fn 8). So hat z.B. das bischöfliche Ordinariat in Chur noch 1948 die Einführung der Notzivilehe abgelehnt. Siehe dazu Herbert Wille, Staat und Kirche (Fn 18), S. 219 ff. (233 f.). Im Gefolge der Schulgesetzrevision wurde mit Verfassungsgesetz, LGB1. 1972 Nr. 8, der 103
	        

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