Volltext: Staat und Kirche

Staat und Kirche in Liechtenstein ohne staatliche Einflussnahme frei bilden, organisieren oder auflösen. Indem die Kultusfreiheit das Recht schützt, zu religiösen Zwecken Ver­ eine zu gründen und Versammlungen durchzuführen, stellt sie eine inhaltlich besondere Form des in Art. 41 LV gewährleisteten freien Ver­ eins- und Versammlungsrechts75 dar und geht ihr als lex specialis vor, wenn es sich um Veranstaltungen oder Vereinsgründungen zu Kultus­ zwecken handelt.76 Als Schranken der Kultusfreiheit nennt Art. 37 Abs. 2 2. Halbsatz LV die Sittlichkeit und die öffentliche Ordnung.77 Versteht man unter der öffentlichen Ordnung die Gesamtheit der polizeirechtlichen Schutzgü­ ter, so ist die «Sittlichkeit» in der öffentlichen Ordnung enthalten.78 Zieht man die Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts zu Rate,79 der man aufgrund der gleichlautenden Schrankenklauseln folgen darf,80 beinhaltet der Begriff der öffentliche Ordnung soviel wie die all­ gemeine Rechtsordnung. Gelegentlich wird dieser allgemeine Gesetzes­ vorbehalt eingeschränkt, indem das schweizerische Bundesgericht ver­ langt, dass ein Eingriff in die Kultusfreiheit zusätzlich durch schutzwür­ dige Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt sein müsse, so dass der so verstandene Begriff der öffentlichen Ordnung insbesondere den Schutz der Polizeigüter wie die öffentliche Ordnung im engeren Sinne - d.h. im Sinne der Abwesenheit von Unordnung und Unruhe -, öffent­ liche Sicherheit, Ruhe, Sittlichkeit, Gesundheit, Treu und Glauben im Geschäftsverkehr, daneben auch den Schutz der Persönlichkeit Anders­ gläubiger umfasst. Schliesslich erklärt es in einem jüngeren, aus dem Jahre 1987 stammenden Entscheid Einschränkungen nur für zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen In­ teresse liegen und verhältnismässig sind.81 Dieser Schrankerivorbehalt 75 Siehe dazu Wolfram Höfling, Grundrechtsordnung (Fn 50), S. 140 ff. 76 Vgl. Ulrich Häfelin, in Kommentar BV, Art. 50, Rdn 17. Die Vereins- und Versamm­ lungsfreiheit steht lediglich unter einem einfachen Gesetzesvorbehalt. Art. 41 LV sieht keine besonderen öffentlichen Interessen vor, welche einen Eingriff rechtfertigen. 77 Gleichlautend in dieser Hinsicht Art. 50 Abs. 1 schweizerische BV. 78 Kritisch zu dieser ordre public-Klausel Dieter Kraus (Fn 52), S. 104, 79 Dargestellt bei Ulrich Häfelin, Kommentar BV, Art. 50, Rdnr. 24. 80 Siehe zur Rechtsvergleichung Andreas Kley (Fn 62), S. 94 ff. und Wolfram Höfling, Grundrechtsordnung (Fn 50), S. 46 f. und zu den Polizeigütern Andreas Kley (Fn 62), S. 222 ff. mit Judikaturhinweisen. 81 BGE 113 Ia 304, 305. Vgl. für Liechtenstein Andreas Kley (Fn 62), (S.167 ff.) zum Gesetzmässigkeitsprinzip, (S. 219 ff.) zum öffentlichen Interesse und (S. 227 ff.) zum Verhältnismässigkeitsprinzip. 95
	        

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