Volltext: Staat und Kirche

Herbert Wille rechtlich organisierten Religionsgemeinschaften als religiöse Vereine ihre Angelegenheiten selbst ordnen und verwalten. 2.2 
Religionsfreiheit a) Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 37 Abs. 1 LV) Art. 37 Abs. 1 LV gewährleistet jedermann die Glaubens- und Gewis­ sensfreiheit.50 Sie ist ein Menschenrecht und kann daher auch von Aus­ ländern und Staatenlosen geltend gemacht werden.51 Die Glaubensfreiheit wird heute in einem weiten Sinne verstanden. Sie bezieht auch das Denken, Reden und Handeln gemäss der Religion in den Schutzbereich ein,52 bleibt also nicht mehr auf den Innenbereich beschränkt, wie dies wohl noch den Vorstellungen des Verfassungsge­ bers entsprochen haben mochte.53 Sie deckt sich insoweit mit der Frei­ heit des Bekennens, wie sie Art. 9 Abs. 1 EMRK erfasst. Danach kann 50 Auch wenn hier die Gewissensfreiheit zusammen mit der Glaubensfreiheit und von der Verfassung im Zusammenhang mit den religionsrechtlichen Bestimmungen gesehen wird, ist heute unbestritten, dass sie ein eigenständiges Grundrecht darstellt. Dies er­ klärt sich daraus, dass auch das durch religiösen Glauben bestimmte Gewissen vorzugs­ weise Gegenstand des Gewissens und nicht allein der Glaubensfreiheit ist. So Herbert Bethge, Gewissensfreiheit, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VI, Heidelberg 1989, S. 435 (438). Unter «Gewissen» wird jene innere kritische Instanz verstanden, die dem Leben und Handeln des einzelnen ethische oder moralische Massstäbe vorgibt. So Richard Bäum- lin, Das Grundrecht der Gewissensfreiheit, WDStRL 28, Berlin 1970, S. 18 f. Vgl. auch Wolfram Höfling, Die liechtensteinische Grundrechtsordnung, LPS 20, Vaduz 1994, S. 123, mit weiteren Literatur- und Judikaturhinweisen. 51 Vor der Ratifikation der Europäischen Menschenrechtskonvention, die am 8. Septem­ ber 1982 erfolgt ist, hat der Staatsgerichtshof die Glaubens- und Gewissensfreiheit noch auf Inländer eingeschränkt. In StGH 1981/10, Beschluss vom 9. Dezember 1981, LES 1982, S. 122 (123) hält der Staatsgerichtshof fest, dass er dem Wort «jedermann» in Art. 37 Abs. 1 LV nur eine eingeschränkte Bedeutung in dem Sinne zu geben vermöge, dass es sich nur auf Landesbürger und nicht auf Ausländer beziehe. 52 Vgl. Dieter Kraus, Schweizerisches Staatskirchenrecht: Hauptlinien des Verhältnisses von Staat und Kirche auf eidgenössischer und kantonaler Ebene (Jus ecclesiasticum, Bd. 45), Tübingen 1993, S. 86 f. unter Bezugnahme auf Jörg Paul Müller, Die Grund­ rechte der schweizerischen Bundesverfassung, 2. Aufl., Bern 1991, S. 57 f. 53 Die schweizerische Bundesverfassung (BV) wie auch insbesondere innerschweizerische kantonale Verfassungen wurden von ihm konsultiert. Vgl. dazu Rupert Quaderer, Der historische Hintergrund der Verfassungsdiskussion von 1921, in: Gerard Batliner (Hrsg.), Die liechtensteinische Verfassung 1921, LPS 21, Vaduz 1994, S. 103 (132), wo­ nach Josef Peer bei der Ausarbeitung der Regierungsvorlage verschiedene schweizeri­ sche Kantonsverfassungen verwendet hat. Art. 59 BV hat den gleich engen Wortlaut wie 90
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.