Andre Ritter verpflichtet, oder hat er darüber hinaus nicht auch eine positive Reli gionsfreiheit im Sinne einer freien und zugleich öffentlich-rechtlich ge schützten Religionsausübung für alle christlichen und nicht-christlichen Bekenntnisse auf der Grundlage der Verfassung ausdrücklich zu ge währleisten - und zwar ohne Unterschied der jeweiligen nationalen Herkunft, Kultur und Religion seiner Bürger? Für die Evangelische Kirche im Fürstentum Liechtenstein jedenfalls fällt es nicht schwer, auf die so gestellte Frage eine eindeutige Antwort zu geben, hat sie doch im Rahmen ihrer Präambel der eigenen Gemein deordnung dem Grundsatz nach wie folgt festgestellt: «Die Evangelische Kirche im Fürstentum Liechtenstein bildet in ihrer Vielfalt eine Gemein schaft von Menschen, die sich auf die Verheissung des Evangeliums aus richtet.», was beispielsweise für die Frage einer Mitgliedschaft konkret bedeuten kann, dass sich neben einer «Mitgliedschaft kraft evangelischer Konfession und Taufe» sogar auch «Personen anderer oder ohne Kon fession» um eine Mitgliedschaft ausdrücklich bewerben können.5 Uber tragen auf den modernen Verfassungsstaat könnte und (vielleicht auch) müsste dies unter Voraussetzung von rechtlich klar definierten Kriterien bedeuten, in Zukunft nicht mehr von einer einzigen Bekenntnisform im Sinne einer verfassungsrechtlich geschützten und privilegierten Landes kirche, sondern vielmehr von einer historisch gewachsenen und nun mehr pluralistischen Gesellschaftsordnung auszugehen, in der demzu folge eine Vielzahl unterschiedlicher Bekenntnis- und Religionsformen öffentlich-rechtlich anerkannt und nach dem Gleichheitsgrundsatz der UN-Menschenrechtskonvention geschützt wie auch unterstützt wird.6 5 Vgl. dazu die mir heute schriftlich vorliegende Textfassung aufgrund des Beschlusses der Kirchgemeindeversammlung vom 30. April 1994, S. 5 und 7. 6 Vgl. hierzu auch die einschlägigen Formulierungen in der Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Religionsfreiheit «Dignitatis humanae» Nr. 2a zitiert sowohl im mir schriftlich vorliegenden Vortragstext von Erzbischof Wolfgang Haas als auch in den entsprechenden Ausführungen im Referat von Pater Dr. Josef Brubin\ im übrigen habe ich mich als evangelischer Pfarrer an dieser Stelle über die von Dr. Urs Josef Cavelti bezweifelte Konformität der Begründung des Erzbistums Vaduz mit den einschlägigen kirchenrechtlichen Grundlagen der römisch-katholischen Kirche ver ständlicherweise nicht zu äussern. 66