Josef Bruhin Freiheits- und Friedensordnung. Dabei ist wiederum selbstverständlich, dass Recht und moralische Ordnung nicht völlig zu trennen sind. Folgende
Folgerungen können jetzt schon gezogen werden: - Bisher war die Wahrheit Subjekt des Rechts und nicht die Person. Der Mensch war zum Objekt dieses Wahrheitsbegriffs geworden. Diesen Vorrang der Wahrheit hebt das Konzil auf und weist ihn der Person zu. - Durch die Anerkennung des Grundrechtes wird der Standpunkt der katholischen Kirche sozialverträglich, weil nicht nur Katholiken Rechte haben. - Die Unterscheidung von staatlichem Recht und Moral ergibt eine neue Einstellung der Kirche zur Rechtsordnung des modernen Staats. Die Kirche anerkennt die Eigenständigkeit des Rechts. Der
Umfang des Rechts kann nicht abschliessend definiert werden, da sich der Freiheitsraum der Kirche mit dem dynamischen Prozess der menschlichen Gesellschaft fortwährend ändert, genauso wie das Verhält nis Kirche - Staat überhaupt.
Formale Prinzipien müssen zunächst genü gen. Zwei nennt «Dignitatis humanae»: - Die Kirche muss immer über so viel Handlungsfreiheit verfügen, wie es die Sorge um das Heil der Menschen erfordert.3 - «Die Freiheit ist das grundlegende Prinzip in den Beziehungen der Kirche und den öffentlichen Gewalten sowie der gesamten bürgerlichen Ordnung.»4 Das Konzil macht dann aber doch noch einige, wenn auch keineswegs abschliessende
materiale Aussagen. In erster Linie wird Freiheit für das «Eigenleben» der religiösen Gemeinschaften gefordert: Freiheit für den Kult, die öffentliche Lehre, die eigene Leitung (Erziehung, Ernennung und Versetzung von Amtsträgern), die Sorge für das religiöse Leben der Mitglieder. Der Staat soll die weltweiten Beziehungen der Teilkirchen zueinander nicht behindern. Er soll den Kirchen die Freiheit lassen, sich eine ihrer Aufgabe entsprechende materielle Basis zu schaffen. Endlich in Bezug auf Politik und Gesellschaft: «Es gehört ausserdem zur religiö 3 Vgl. DH 13a. 4 DH 13a. 56