Volltext: Staat und Kirche

Grundsätzliche Überlegungen daher - so glaube ich und so waren auch die Eindrücke dieses Sym­ posiums - ist das «amerikanische Modell» des Fürsten14 wenig hilfreich. Verfassungserwartungen Zu den kulturellen und historischen Prägungen gesellt sich ein weiteres konstitutives Element staatskirchenrechtlicher Ordnung: Wie nämlich konkret der Staat sein Verhältnis zur Kirche bestimmen will, hängt we­ sentlich von den (Verfassungs-)Erwartungen ab, die die Bürger an diese Kirche haben. Damit komme ich nochmals auf die verfassungsstaatliche «Verortung» der Kirche in der Grundrechtsgesellschaft zurück. Natür­ lich lässt sich das religiöse und kirchliche Leben nicht auf schlichten Grundrechtsgebrauch reduzieren; hierin liegt nicht einmal ansatzweise das Eigentliche von Kirche. Aber: Mit der vorgenommenen «Verortung» ist zugleich die Grenze staatlicher Wirksamkeit aufgezeigt. Hier erweist sich die Funktion der Grundrechte als negativer Kompetenznormen. Der Staat kann keine «Religionsverfassung» dekretieren, sondern eröff­ net, garantiert durch das Staatskirchenrecht, den Entfaltungsraum für das kirchliche Leben nach eigener Gesetzlichkeit. Indem der Verfassungsstaat dergestalt inhaltlich offene Freiheit garan­ tiert,15 erhofft er sich von der Kirche mit «guten» und «wahren» Inhalten gefüllten Freiheitsgebrauch. Das Recht ist zwar keine «Wahrheits- und Tugendordnung» (Böckenförde), und verfassungsstaatliche «Freiheit von» ist grundrechtsdogmatisch inkompatibel mit einem (katholischen) Verständnis von heilsauftragsrealisierender «Freiheit zu», doch die Ver­ fassungserwartungen des Staates richten sich auf den «positiven», ge­ meinwohlförderlichen Gebrauch der Freiheit. Solche Verfassungserwartungen - diesseits des verfassungsstaatlichen Horizonts - können dabei zielen u. a. auf 14 Abgesehen davon ist «Der Streit um den Inhalt der Religionsfreiheit in den USA» - so der Untertitel eines Aufsatzes von 
Günther Krinas, Supreme Court gegen Kongress, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 58 (1998), S. 147 ff. - viel zu komplex, als dass man leichthin von einem amerikanischen Modell sprechen könnte. 15 Hierzu näher 
Wolfram Höfling, Offene Verfassungsinterpretation, 1987. 369
	        

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