Volltext: Staat und Kirche

Grundsätzliche Überlegungen tabel, lediglich gesellschaftliche Partikularitäten zu verkörpern, die Rolle eines Verbandes unter vielen Verbänden innerhalb der Gesellschaft ein­ zunehmen. Und dennoch: Genau dort hat die Kirche im Ausgangspunkt ihren Platz im modernen Verfassungsstaat. Folgt man dem verfassungs­ staatlichen Fundamentalprinzip der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, der - überspitzt - Polarität von Demokratie und Grund­ rechten, dann ist die Kirche (gewiss: wichtiger) Teil der in Pluralität und Freiheit verfassten Interaktionsgesellschaft der Grundrechtssubjekte.4 Der verfassungsstaatliche Status der Kirche findet in dieser Perspek­ tive durchaus folgerichtig letztlich ihren Grund in der Garantie der indi­ viduellen Religionsfreiheit, die korporativ und staatskirchenrechtlich- institutionell verfestigt, ergänzt und fortgeführt wird. Vereinfachend lässt sich sagen: Die Rechte, die der Verfassungsstaat der Kirche gewähr­ leistet, bestehen um der individuellen Träger der Religionsfreiheit willen; sie fungieren als institutionelle Ausübungshilfen. Was darüber hinaus­ geht, ist gleichsam der «überschiessende Gehalt» des Staats kirchen- rechts; dieser dient indirekt dem Grundrecht, ohne aber Bestandteil sei­ nes sachlichen Gewährleistungsbereichs zu sein. (Dies wird ganz beson­ ders deutlich etwa dort, wo den Kirchen als staatliche «Kompetenzleihe» ein Besteuerungsrecht eingeräumt wird.5) An dieser grundrechtlichen «Verortung» der Kirchen ändert sich auch nichts dadurch, dass diesen ein - wie auch immer gearteter - öffentlich­ rechtlicher Status zuerkannt bzw. verliehen wird. Für die Rechtslage in Deutschland gilt insoweit, dass die Religionsgemeinschaften durch ihre Anerkennung als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht den anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften im Sinne des allgemeinen Verwaltungsrechts gleichgestellt werden, die als Träger der mittelbaren Staatsverwaltung in den Staat eingegliedert sind und unter seiner Auf­ sicht staatliche Aufgaben erfüllen.6 Sie bleiben vielmehr ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Gestalt nicht anders als die privat-rechtlichen Religionsgemeinschaften «im ge­ 4 Hierzu etwa 
Hans Heinrich Rupp, Förderung gesellschaftlicher Aktivitäten durch den Staat, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 28 (1994), S. 5 ff.; 
Josef Isensee, Verfassungsstaatliche Erwartungen an die Kirche, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 25 (1991), 104 (S. 111 ff.). 5 Hierzu siehe Isensee, Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 25 (1991), 104 (S. 112 f.). 6 Siehe beispielsweise BVerfGE 66, 1 (S. 19 f.). 367
	        

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