Volltext: Staat und Kirche

Finanzierungsmodelle für alle wichtigen kirchlichen Anliegen lassen sich leicht die notwendi­ gen Finanzmittel auftreiben. In den USA «funktioniert» es nicht schlecht, während es in Frankreich kaum gelingt, für die kirchlichen Aufgaben genügend Finanzmittel bereitzustellen. Bei Kirchensteuern gibt es grosse Unterschiede. Auf der einen Seite stehen Italien, Spanien und neuerdings auch Ungarn, wo der Steuer­ zahler einen in jedem Fall geschuldeten Steuerbetrag der Kirche widmen kann. In Italien funktioniert das System für Kirche und Staat durchaus zufriedenstellend, wenn auch für die Klerikerbesoldung in erster Linie Spenden der Gläubigen dienen. Auffallend ist jedoch, dass die Höhe der Steuer in beiden Ländern in Einkommensprozenten' ausgedrückt weni­ ger als einen Zehntel des Betrags in den klassischen Kirchensteuerlän­ dern ausmacht. Als grosser Vorteil ist zu erwähnen, dass auch in einem konfessionell neutralen Staat keine Einführung des «Kirchenaustritts» notwendig ist. Der österreichische Kirchenbeitrag hat gegenüber der deutschen Kir­ chensteuer den Nachteil eines sehr hohen Verwaltungsaufwandes mit entsprechenden Kosten von ca. 15%, während in Deutschland die staat­ lichen Behörden für eine Pauschalentschädigung von 3 bis 4% die Erhe­ bung und Inkasso übernehmen. In beiden Ländern stellt sich aber das Problem des Kirchenaustrittes, den es theologisch gesehen nicht gibt. Nach wie vor gilt der Grundsatz «semel catholicus, Semper catholicus» aufgrund des unauslöschlichen Charakters der Taufe. Sowohl in Öster­ reich wie in Deutschland fliesst die Kirchensteuer in die Diözesankassen und steht unter der Aufsicht des Diözesanbischofs. Es ist also eine Steuer, die direkt den kirchlichen Instanzen zur Verfügung steht, was in ekklesiologischer Hinsicht bedeutend ist und vom kirchlichen Gesetz­ geber in c. 1263 CIC akzeptiert wird. Schwieriger gestalten sich die Verhältnisse in der Schweiz. Die Kir­ chensteuergläubiger sind die Kirchgemeinden und vereinzelt auch Kan­ tonalkirchen. Beide sind heute einseitig staatlich normierte staatliche Sondergemeinden. Die kirchlichen Strukturen Pfarrei und Diözese ver­ fügen bestenfalls indirekt über Steuereinnahmen. Das zeigt auch die ganze ekklesiologische Problematik des Schweizer Systems. Genau ge­ nommen kann man deshalb auch nicht von einer eigentlichen Kirchen­ steuer sprechen. Es ist keine Steuer für die katholische Kirche als solche, sondern es ist eine Staatssteuer für Kirchenzwecke. Die Steuererträge werden nicht von der Kirche verwaltet, sondern von staatlich 
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