Volltext: Staat und Kirche

Finanzierungsmodelle mieden, Kirchengliedschaft und Mitgliederbeitrag unmittelbar aneinan- derzuketten. Der Gläubige bleibt frei, ob er der Kirche etwas geben will und auch wieviel. Es bieten sich ihm dabei zwei Stufen an: Die erste ist für ihn kostenneutral (otto per mille) und besteht darin, einen Teil der sowieso geschuldeten Einkommenssteuer der Kirche zuzuweisen. Für den Gläubigen stellt das einen Akt der Kohärenz dar. Für den der Kirche Fernstehenden eröffnet sich hier die Möglichkeit, die soziale und carita- tive Tätigkeit der Kirche zu unterstützen. Der zweite Schritt besteht in der steuerbegünstigten Spende, durch die der Gläubige aus der Anony­ mität heraustritt. Beide Beitragsarten sind absolut freiwillig und stehen jedes Jahr neu zur Entscheidung an. In diesem italienischen System liegt durchaus auch das Potential für eine künftige Entwicklung in anderen Ländern. Denn es ist ein sehr fle­ xibles System, das sich auf verschiedene Religionsgemeinschaften, kleine wie grosse, seien sie hierarchisch, demokratisch, synodal oder sonstwie organisiert, ideal anpassen lässt, ohne sie alle in eine Einheitszwangs­ jacke zu stecken. Mit der Wahlmöglichkeit bei den «otto per mille» stellt sich für den italienischen Staat die Frage der zivilrechtlichen Notwen­ digkeit des Kirchenaustrittes als Folge der Religionsfreiheit nicht. Da­ durch kann er im administrativen Bereich Kosten sparen. Ein Unterschied besteht in der Grössenordnung: In der Schweiz schätzte man 1995 die Steuereinnahmen der katholischen Kirchgemein­ den insgesamt auf gut 700 Mio. Franken. In Italien belaufen sich die Ein­ nahmen für die katholische Kirche aus den zweckgebundenen Einkom­ menssteuerpromillen etwa auf den gleichen Betrag - bei der zwanzigfa­ chen Anzahl Katholiken! In Italien beträgt die Belastung 8 Promille der Einkommenssteuer, in der Schweiz im Mittel etwa 6 Pozent, d.h. fast das Zehnfache. Angemerkt sei hier noch: Der Vatikanstaat mit seinen kirchlichen Zentraleinrichtungen, der einen Teil der Stadt Rom umfasst und unter der Souveränität des Hl. Stuhls steht, wird ausser durch Finanzzuwei­ sungen der Ortskirchen (z.B. Peterspfennig) und durch Taxen bzw. Ge­ bühren vor allem durch Erträge aus dem Vermögen finanziert, das zu einem wesentlichen Teil aus der Entschädigungssumme stammt, die der italienische Staat 1929 nach den Lateranverträgen für den 1870 erlittenen Verlust des Kirchenstaates und die Enteignung des Kirchenvermögens zahlte. Gegen ein System der ausschliesslichen oder überwiegenden Fi­ nanzierung der Kirche durch Vermögenserträge (wie ausser im Vatikan 357
	        

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