Volltext: Staat und Kirche

Gerard Batliner Die Sache ist auch nicht vergleichbar mit den diskutierten und suk­ zessive aufzulösenden, ungenügend grossen italienischen Diözesen, die in einem grossen Bischofsverband leben. Sie haben sicher schon Huis Clos von Jean-Paul Sartre gesehen. Wir sitzen uns auf engstem Raum, Bischof und Gläubige, ständig auf der Nase. Wir haben zehn Jahre lang gut mit unserem Bischof in Chur gelebt. Die Distanz zu Chur und von Chur zu uns gab Freiheit, es gab da viele innerdiözesane Gegengewichte und vielfältige Charismen, es gab die Schweizer Bischöfe und Katholiken, persönliche und sachliche Frei­ räume. Doch wir haben von Chur nicht nur Probleme der letzten 10 Jahre geerbt. Die künstliche Amputation hat nun qualitativ eine völlig neue Situation geschaffen. Sie wissen, wie wichtig es ist, Distanz zu haben, um sich sach- und lebensgerecht zu verhalten. Wir können keine Distanz mehr gewinnen, oder wir müssen innerlich emigrieren. Im kleinsten Raum gibt es nur Anpassung oder Flucht. Natürlich haben wir das Gefühl, instrumentalisiert worden zu sein, zur Lösung anderer Probleme, mit hehren diplomatischen Worten - wie wir schon 1916 hätten instrumentalisiert werden sollen für den welt­ lichen Kirchenstaat (vgl. Referat Albert Gasser: Geschichte Liechten­ steins als Teil des Bistums Chur - Liechtenstein als möglicher Ersatz für den Kirchenstaat - eine diplomatische Offensive im Jahr 1916). Doch nicht die Vorgehensweise des Hl. Stuhls ist das Hauptproblem, sondern die unlösbare Sache selbst, sie ist voluntativ nicht zu lösen. Das Problem ist willensunabhängig. Martin Grichting schreibt in einer kürzlichen Publikation «Die Umschreibung der Diözesen» (Bd. 7, Adnotationes in Ius Canonicum, Frankfurt a.M. 1998, S. 106): «Man wird nicht bestreiten können, dass es den Teilnehmern des II. Vatikanischen Konzils gelungen ist, einen eigentlich kirchlichen Gesichtspunkt für die Umschreibung der Diözesen anzugeben. Denn die Diözese als <Mikrorealisation der Universalkirche> [L.M. Carli, Ufficio pastorale], als <organische Einheit> - was das Bild vom Leib Christi impliziert - und die Person und die Arbeitskraft des Diözesan- bischofs sind spezifisch (pastoral-)theologische Kriterien. Diese Kri­ terien führen, wenn es gelingt, ihnen in der Praxis zum Durchbruch zu verhelfen, zu anderen Resultaten, als wenn man mehr quantitativ­ bürokratisch nach der idealen Diözese sucht oder die Diözese nach 256
	        

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