Erzdiözese und Dekanat Die Religionsfreiheit erheischt keine Trennung von Kirche und Staat durch Verweisung der Ersteren ins Privatrecht, wohl aber eine Scheidung der beiden Institutionen, d. h. im Wesentlichen eine Abkehr vom Staats- kirchentum. Diese Scheidung oder Entflechtung verlangt die Religions freiheit, insbesondere das aus ihr fliessende Selbstbestimmungsrecht der Kirchen einerseits und das Neutralitätsgebot des Staates andererseits. 6.1 Selbstbestimmungsrecht der Kirche Ihr Selbstbestimmungsrecht19 ist im Wesentlichen gewahrt, wenn der Staat den Kirchen und Religionsgemeischaften die Freiheit lässt, sich eine Organisation ihrer Wahl zu geben, d. h. nicht nur ihre inneren, vielmehr auch die äusseren Angelegenheiten autonom zu regeln. Bei den Letzteren erscheint erstens ein Rechtsstaatvorbehalt insoweit als gerechtfertigt, als den Kirchen und Religionsgemeinschaften ein öffentlich-rechtlicher Status zukommt, und zweitens ein Demokratievorbehalt, soweit dieser Status mit einem Besteuerungsrecht verbunden ist. Konkret bedeutet dies, dass neben einem Verfassungsartikel, der die öffentlich-rechtliche Anerkennung als Angebot festhält, ein Kirchengesetz im Wesentlichen nur den erwähnten Rechtsstaat- und bei Einräumung des Besteuerungs rechts einen Demokaratievorbehalt sowie besondere, für die Koopera tion zwischen den Religionsgemeinschaften und dem Staat bedeutsame Rechte der Religionsgemeinschaften näher regeln muss.20 6.2 Neutralitätsgebot des Staates Das Neutralitätsgebot21 hat nicht, wie man meinen könnte und vielfach auch meint, den Sinn, den religiösen und weltanschaulichen Bereich völ lig aus der Staatstätigkeit auszuschliessen. Eine staatliche Rechtsordnung 19 Vgl dazu näher
Ueli Friederich, Kirchen und Glaubensgemeinschaften im pluralisti schen Rechtsstaat/Zur Bedeutung der Religionsfreiheit im Schweizerischen Staatskir chenrecht, Berner Diss. 1993, S. 361 ff. 20 Als ein Beispiel kann dazu auf den Entwurf eines Zürcherischen Gesetzes über die Anerkennung religiöser Gemeinschaften verwiesen werden, der sich im Stadium der Beratungen im Kantonsparlament befindet. 21 Dazu näher
Ueli Friederich (Fn 16), S. 297 ff. 247