Volltext: Staat und Kirche

Giusep Nay liegt daher, dass das Dekanat Liechtenstein als eine juristische Person des liechtensteinischen öffentlichen Rechts betrachtet und behandelt wurde. Es kam ihm damit - entgegen der mutmasslichen Annahme des Erzbi- schofs - nach staatlichem Recht die Rechtspersönlichkeit zu. Obwohl die katholische Kirche weltumspannend ist, verleiht die öffentlichrechtliche Anerkennung in einem einzelnen Staat den auf seinem Gebiet angesiedel­ ten kirchenamtlichen Einrichtungen auch Rechtssubjektivität im Staat.3 Die Organe und die ganze Organisationsstruktur des Dekanats im weiteren Sinne ergeben sich aus den entsprechenden Statuten. Es sind dies - wie unter 2.1 im wesentlichen dargestellt - der Dekan und die Dekanatsversammlung, deren Amt und Aufgaben auf den durch den Ortsbischof genehmigten Dekanatsstatuten beruhen. Der Landesseel- sorgerat wurde durch ein Statut der Dekanatskonferenz bzw. -Versamm­ lung geschaffen, der Administrationsrat und die Dekanatskanzlei durch die Dekanatsversammlung und den Landesseelsorgerat. In dieser Form des Dekanats i.w.S. bildete die römisch-katholische Kirche auf Landes­ ebene die öffentlich-rechtlich verfasste Landeskirche des Fürstentums Liechtenstein, wie sie in der Landesverfassung anerkannt ist. Ob dem Dekanat auch kirchenrechtlich die Rechtspersönlichkeit zu­ kam oder nicht, ist aus staatskirchenrechtlicher Sicht nicht entscheidend. Dem käme nur eine beschränkte Bedeutung zu, wenn sich auf Landes­ ebene eine andere Organisationsform der Kirche mit kirchenrechtlicher Rechtspersönlichkeit als Landeskirche im staatskirchenrechtlichen Sinne angeboten hätte, was aber nicht der Fall ist. Wo die Kirche im Staat in rechtlich relevanter Weise auftritt, richten sich die Rechtswirkungen ihres Handelns nach staatlichem Recht. Die Auffassung der Kirche als neben den Staat tretende 
societas perfecta ist überholt und wurde auch von der römisch-katholischen Kirche mit dem II. Vatikanischen Konzil aufgegeben.4 So ist auch die römisch-katholische Kirche im Fürstentum Liechtenstein grundsätzlich dem staatlichen Recht unterworfen.5 Dem 3 Vgl. dazu näher 
Urs Josef Cavelti (Fn 2), S. 42 ff.; im gleiche Sinne 
Wille (Fn 2), S. 267 ff. und 
Schnizer (Fn 2), S. 363/4, dem zuzustimmen ist, wenn er zu bedenken gibt, dass diverse Koordinationssysteme im öffentlichen Leben nicht einem schlichten, allzu vordergründig verstandenen rigor iuris entsprechen. 4 Vgl. dazu 
Josef Bruhin, Die beiden Vatikanischen Konzile und das Staatskirchenrecht der schweizerischen Bundesverfassung, Freiburg i.U. 1975, S. 340; 
Ernst-Wolfgang Böckenförde, Staat - Gesellschaft - Kirche, in: Christlicher Glaube in moderner Gesell­ schaft, Freiburg, Basel, Wien 1992, S. 56 ff. 5 So auch 
Wille (Fn 2), S. 271/2. 236
	        

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