Volltext: Staat und Kirche

Religionsfreiheit im Völkerrecht a) Staatskirchensystem Im Fall Darby gegen Schweden24 hat die Kommission ausdrücklich aner­ kannt, dass selbst ein Staatskirchensystem als solches nicht unvereinbar mit Artikel 9 EMRK ist. Ein solches System hat in mehreren Konven­ tionsstaaten schon zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Konvention bestanden. Jedoch muss ein Staatskirchensystem besondere Garantien für Andersgläubige vorsehen. Sie dürfen weder gezwungen werden, der Staatskirche beizutreten, noch daran gehindert werden, aus dieser aus­ zutreten. Auch muss gewährleistet sein, dass sie nicht z.B. im Rahmen eines Kirchensteuersystems verpflichtet werden, gegen ihren Willen direkt zu den religiösen Tätigkeiten der Staatskirche beizutragen.25 Dieser Fall ist in der Folge vor den Gerichtshof gekommen, der jedoch einen anderen Ansatz wählte und die Artikel 9 EMRK betreffenden Fragen ausklammerte.26 Bezüglich des Religionsunterrichts bestand die Kommission in einem anderen schwedischen Fall, der letztlich zu einem Vergleich führte, auf Befreiungsmöglichkeiten für Kinder von Eltern, die nicht der Staats- kirche angehörten.27 Schliesslich ergibt sich aus einem Fall über die Genehmigung von Ver­ sammlungslokalen für Zeugen Jehovas in Griechenland, dass die Einbin­ dung von Organen der orthodoxen Staatskirche in ein solches Genehmi­ gungsverfahren gegen Artikel 9 verstösst.28 Der Gerichtshof führte ins­ 25 In anderen Entscheidungen zum Kirchensteuerrecht hat die Kommission die Ansicht vertreten, dass eine staatliche Genehmigung der Beitragssätze keinen Eingriff in die Religionsfreiheit darstellt (Beschw. Nr. 9781/82 gg Österreich, Entsch. v. 14.5.1984, D.R. 37, 42); dass die staatliche Mitwirkung bei der Einhebung von Kirchensteuer ebenfalls keinen solchen Eingriff darstellt, wenn eine Möglichkeit zum Kirchenaustritt gegeben ist, die gewissen Formvorschriften unterworfen werden kann (Beschw. Nr. 10616/83 gg Schweiz, Entsch. v. 4.12.1984, D.R. 40, 284) und dass eine Kirchensteuer­ vorschreibung für eine kommerzielle Gesellschaft, selbst wenn ihre Anteilseigner einer bestimmten Weltanschauung angehören (Freidenker), nicht in die Religionsfreiheit ein­ greift, wenn der Trägerverein von der Kirchensteuerpflicht ausgenommen wäre, falls er die betreffenden kommerziellen Tätigkeiten selbst ausübt; in diesem Falle wäre die Bei­ tragspflicht auf den Anteil beschränkt worden, der die Besorgung staatlicher Aufgaben durch die Kirchen (Führung von Personenstandsregistern und Betreibung von Fried­ höfen) betrifft (Beschw. Nr. 20471/92 gg Finnland, Entsch. v. 15.4.1996, D.R. 85, 29). 26 Urteil v. 23.10.1990, Series A no. 187. 27 Beschwerde Nr. 4733/71, Karnell und Hardt gg Schweden, Entsch. v. 13.12.1971, Kom­ missionsbericht 1973. 28 Urteil Manoussakis v. 26.9.1996, Recueil des Arrets et Decisions 1996-IV, S. 1346. 23
	        

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