Volltext: Staat und Kirche

Wolfgang Strasser EMRK-Rechtsprechung zur Frage der Religionsfreiheit Die Konventionsorgane haben im Laufe der Jahre über 40.000 Be­ schwerden geprüft und eine ausserordentlich breite und feingliedrige Rechtsprechung entwickelt. Die Beschwerden zur Frage der Religions­ freiheit sind allerdings relativ selten, insbesondere sind nur einige weni­ ge Fälle vor den Gerichtshof gelangt, während sich die Kommission doch etwas öfter mit solchen Fragen zu beschäftigen hatte. Auch wenn viele Beschwerden abgewiesen wurden, stellen die betreffenden Ent­ scheidungen Rechtsprechung dar, die wichtige Aussagen insbesondere zu den Schranken der Religionsfreiheit enthält. Im vorliegenden Zusammenhang ist im Sinne des Generalthemas des Symposiums vor allen denjenigen Entscheidungen Aufmerksamkeit zu­ zuwenden, die Aussagen zu organisationsrechtlichen Fragen enthalten, während Fälle im Bereich der individuelle^ Ausübung der Religions­ freiheit in den Hintergrund treten können. 1. Religionsgemeinschaften als Träger des Rechts auf Religionsfreiheit Die Konvention ist in erster Linie als ein Instrument zum Schutze indi­ vidueller Rechte konzipiert. Die Geltendmachung kollektiver Rechte ist die Ausnahme von der Regel und im Rahmen der Konvention nur inner­ halb gewisser Schranken vorgesehen. Trotz des Wortlauts von Artikel 9 Abs. 1 EMRK, der ausdrücklich auch die gemeinschaftliche und öffent­ liche Religionsausübung vorsieht, hatte die Kommission daher ur­ sprünglich Zweifel, ob auch Religionsgemeinschaften als solche Träger des Rechts auf Religionsfreiheit und somit beschwerdelegitimiert sind.13 Eine solche Rechtsträgerschaft wurde erstmals 1979 im Fall der Church of Scientology gegen Schweden14 anerkannt, wo die Kommission fest­ hielt, eine Kirche sei «fähig, die Rechte gemäss Artikel 9 Abs. 1 im eige­ nen Namen zu besitzen und auszuüben». Die Beschwerde wurde aller­ dings abgewiesen. Sie betraf kommerzielle Werbung für ein sogenanntes 13 Z.B. Dec. 3798/68, Collection of decisions 29, 70. 14 Beschwerde Nr. 7805/77, Entscheidung v. 5.5.1979 D.R. (= Decisions and Reports) 16,68. 18
	        

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