System und Arten der Normenkontrolle kleinen Beamtenapparates dürfte denn auch mit ein Grund gewesen sein, dass der Gesetzgeber in Art. 16 StGHG das Gutachten als eine Art "Sonderform" der Normenkontrolle verankert hat. Das Fachwissen des Staatsgerichtshofes scheint nach wie vor beim Gesetzgeber gefragt zu sein, wenn neuerdings Art. 70 Bst. b des Volksrechtegesetzes bei Initia tivbegehren den Weg zum Staatsgerichtshof eröffnet. Die Regelung ist zwar nicht mit der des Gutachtens vergleichbar, da eine gerichtliche Prüfung und Entscheidung erfolgt, doch ist der Prüfungsvorgang auch im Umfeld der präventiven Normenkontrolle anzusiedeln, da man es ebenfalls mit noch nicht geltendem Recht zu tun hat. Diese Gesetzesän derung ist im Zusammenhang mit dem EWR-Abkommen zu sehen und wird auf dem Hintergrund des Anwendungsvorrangs des EWR-Rechts vor nationalem Recht erklärlich. So kann es im Rahmen der Vorprüfung von Initiativbegehren beziehungsweise im Beschwerdeverfahren wegen Nichtigerklärung einer Gesetzesinitiative durch den Landtag zu einer präventiven "Normenkontrolle" von noch nicht existentem Recht kom men. Nach Art. 70 Bst. b werden nämlich vom Landtag Gesetzesinitia tiven auf ihre Ubereinstimmung mit der Verfassung und bestehenden Staatsverträgen geprüft und können von ihm als nichtig erklärt werden. Fasst der Landtag einen solchen Beschluss, kann dieser mit Beschwerde beim Staatsgerichtshof angefochten werden.36 Die Problematik einer präventiven Normenkontrolle in Form von Gutachten scheint dem Staatsgerichtshof jüngst erneut bewusst gewor den zu sein, nachdem er schon früher zu wiederholten Malen aus grundsätzlichen Überlegungen auf Gutachtenersuchen nicht eingetreten ist. Das noch nicht sanktionierte Staatsgerichtshof-Gesetz hat in der Zwischenzeit in Berücksichtigung der bekannten Einwände gegen die Gutachtertätigkeit des Staatsgerichtshofes als Verfassungsgerichtshof das Institut des Gutachtens aus seinem Zuständigkeitsbereich ausge schieden. Der Staatsgerichtshof begegnet in StGH 1995/1437 seiner Gut 36 Vgl. zum Volksrechtegesetz, LGB1 1992 Nr.100, den Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag zur Abänderung des Volksrechtegesetzes, Nr. 48/1992, S. 2 ff. (4). Einen vergleichbaren Weg schlägt der Entwurf für eine neue schweizerische Bundesverfassung ein. Es wird in bezug auf Volksinitiativen mit Rücksicht auf die politische Tragweite von Bestimmungen, die allenfalls durch sie zustande kommen, die abstrakte und präventive Normenkontrolle vorgeschlagen. Vgl. Yvo Hangartner, Ausbau der Verfassungsge richtsbarkeit, S. 102. 37 StGH 1995/14, Gutachten vom 11. Dezember 1995, LES 3/1996, S. 119 (122). 78