Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

System und Arten der Normenkontrolle druck gebracht. Hier gibt er zu verstehen, dass ihm nur die Beurteilung von in Kraft stehenden Gesetzen oder Verordnungen übertragen wor­ den sei. In StGH 1996/430 wiederholt er diese Aussage, indem er festhält, dass eine noch nicht erlassene Rechtsnorm nicht aufgehoben werden könne, da eine Aufhebung per definitionem den rechtsgültigen Bestand einer Rechtsnorm voraussetze. Dieser Aussage entspricht es auch, wenn der Staatsgerichtshof unter dem Titel der Normenkontrolle prüft, ob eine Rechtsvorschrift dem "Rechtsbestand"31 angehört. Die Verfassung und auch das Staatsgerichtshofgesetz schliessen demnach jede Art von präventiver Normenkontrolle aus.32 Auch wenn man sich entgegen einer 50 StGH 1996/44, Urteil vom 25. April 1997 (noch nicht veröffentlicht), S. 11. 31 Diesen Begriff verwendet der Staatsgerichtshof vor allem im Zusammenhang mit der Wirkung einer Normenkontrollentscheidung. So erklärt er in StGH 1978/2, Entschei­ dung vom 12. Juni 1978 (nicht veröffentlicht), S. 3, dass der Staatsgerichtshof bei Prü­ fung der Verfassungsmässigkeit von Gesetzen im Sinn von Art. 104 Abs. 2 der Verfas­ sung kassatorisch zu urteilen habe. Eine blosse Feststellung der Verfassungswidrigkeit, ohne die Norm aus dem "Rechtsbestand" auszuscheiden, wäre sinnlos und schädlich. Der Staatsgerichtshof prüft beispielsweise auch, ob eine schweizerische Rechtsvor­ schrift, die aufgrund des Zollvertrags in Liechtenstein anwendbar ist, dem liechtenstei­ nischen Rechtsbestand angehört; vgl. dazu etwa StGH 1990/13, Urteil vom 3. Mai 1991, LES 4/1991, S. 136 (138). Im weiteren siehe hinten S. 212 f. 32 Diese Auffassung scheint Andreas Schurti, Das Verordnungsrecht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 386, nicht zu teilen, wenn er davon spricht, dass der Staats­ gerichtshof Verordnungen bei Vorlage entsprechender Anträge auch präventiv zu prüfen habe. Nicht klar wird bei dieser Aussage, ob damit auch eine Prüfung im Sinn von Art. 104 Abs. 2 LV gemeint ist. Das noch nicht sanktionierte Staatsgerichtshof-Gesetz nimmt von der Gutachtertätigkeit des Staatsgerichtshofes Abstand. Die näheren Gründe sind aus dem Bericht und Antrag der Regierung, Nr. 71/1991, S. 20 ff., ersichtlich. Für Deutschland weist Joachim Burmeister, Stellung und Funktion des Bundesverfassungs­ gerichts im System der Gewaltengliederung, in: Die Kontrolle der Verfassungsmässigkeit in Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland, Köln/München 1985, S. 33 (66), darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht jede präventive Normenkontrolle ab­ lehne. Osterreich kennt die präventive Normenkontrolle ebenfalls nicht; dazu Erwin Melichar, Die Verfassungsgerichtsbarkeit in Österreich, S. 458. Nach Art. 138 Abs. 3 B-VG stellt der Verfassungsgerichtshof präventiv nur fest, ob ein Akt der Gesetzgebung oder Vollziehung in die Zuständigkeit des Bundes oder der Länder fällt. Zu wenig diffe-' renziert Alexander v. Brünneck, Verfassungsgerichtsbarkeit in den westlichen Demokra­ tien, S. 37 f.; eine Übersicht bietet Albrecht Weber, Verfassungsgerichtsbarkeit in West­ europa, S. 64 f. Zu den Nachteilen der präventiven Normenkontrolle Dieter Grimm, Probleme einer eigenständigen Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland, S. 172 f.; Wal­ ter Haller, Ausbau der schweizerischen Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 185, lehnt für die Schweiz eine bloss präventive abstrakte Normenkontrolle ab, erachtet jedoch eine aus­ schliesslich präventive Normenkontrolle nach französischem Muster in bezug auf Staats­ verträge als prüfenswert. In der anschliessenden Diskussion im Rahmen der Studien­ tagung an der Universität St.Gallen vom 29./30. September 1994 (Zürich 1994) trat auch Rainer J. Schweizer dafür ein, dass man diese Frage näher prüfen müsste (S. 206). Zur Normenkontrolle in Frankreich siehe Axel Spies, Verfassungsrechtliche Normenkon­ trolle in Frankreich: Der Conseil constitutionnell, in: NVwZ 1990, S. 1040 ff. 76
	        

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